pdf-Version - Klaus Kunze
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ohne Grundlage eines parlamentarisch beschlossenen Gesetzes untersagt und<br />
darüber hinaus noch die parlamentarische Abhängigkeit der Regierung "in<br />
exzessiver Form eingeführt." 584 Hier gilt es den Hebel anzusetzen. Die fossilen<br />
Überbleibsel aus der Epoche des Parlamentskampfes gegen die Krone müssen<br />
beseitigt und eine demokratisch gewählte Vertretung des Gemeinwohls eingesetzt<br />
werden: Der Bundespräsident als Vertreter des ganzen Volkes. In seiner<br />
Hand liegt allein die Verantwortung für Kanzler und Regierung.<br />
Nichts, aber auch gar nichts würde gegen diese Forderung die polemischen Behauptung<br />
rechtfertigen, dieser werde ein starker Mann sein oder wie die alten<br />
Sprüche aus der radikalliberalen Mottenkiste noch lauten. Die Prinzipien und<br />
Wesensmerkmale der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wären miteinander<br />
teilweise unvereinbar, wenn man den Ehrgeiz hätte, jedes dieser Gestaltungsprinzipien<br />
uneingeschränkt verwirklichen zu wollen. Dann würde es<br />
andere verdrängen. Jede Verfassungsordnung muß sich um ein Austarieren und<br />
aufeinander Einwirken teils gegenläufiger Wünsche bemühen. Die stärkere<br />
Betonung des einen Merkmals bewirkt unter Umständen eine zwangsläufige<br />
Gewichtsverringerung eines anderen. So hat die Einsetzung des Kanzlers durch<br />
den Präsidenten ein stark gewaltenteilendes Gewicht; ja eigentlich entspricht<br />
nur ein solches Präsidialsystem einigermaßen dem Bild einer gewaltenteilenden<br />
Demokratie, in dem das Parlament die vom Präsidenten berufene Regierung<br />
weder von Rechts wegen zu bestätigen noch zu stürzen befugt ist. 585<br />
Wenn der Kanzler von der parlamentarischen Kontrolle befreit und nur noch<br />
dem Gemeinwohl verpflichtet, also vom Vertrauen des Bundespräsidenten abhängig<br />
ist, erfordert dies eine andere Art von Kontrolle der regierenden Gewalt.<br />
Formal liegt eine demokratische Verantwortlichkeit der Regierung schon in der<br />
Abhängigkeit des Kanzlers vom volksgewählten Bundespräsidenten. Inhaltlich<br />
stößt die Regierung an ihre Grenzen und wird auf Kompromisse und ein grundsätzliches<br />
Vertrauen des Bundestags faktisch angewiesen sein, weil dieser das<br />
Haushaltsrecht besitzt. Ohne Geld läßt sich nicht regieren. Darüber hinaus sind<br />
für Fälle extremen Machtmißbrauchs des Bundespräsidenten oder seines Kanzlers<br />
eine permanente Eingriffsmöglichkeit des Volks und eine besondere<br />
rechtliche Unterworfenheit unter verfassungsgerichtliche Kontrolle zu erwägen.<br />
Das Parlament muß als Verfassungsorgan wenigstens das Recht haben, wegen<br />
eines angeblichen Verfassungsverstoßes der Exekutive das Verfassungsgericht<br />
584 Herzog, in: M-D-H, Art.20 GG, V., A. Rdn.28.<br />
585 Roman Herzog, a.a.O.