pdf-Version - Klaus Kunze
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stellt. 40% davon sind Politiker, 12% Ministerialbürokraten, 8% Gewerkschaftler,<br />
8% vertreten Wirtschaftsverbände, und 8% sind Unternehmer. 51 Es herrscht<br />
der Trend zum Berufspolitiker vor. Am weitesten ist die Willensbildung in der<br />
Politik miteinander vernetzt. Durch vielfache Ämterhäufung und Cliquenbildung<br />
übt dieser Einflußzirkel eine zentrale Wirkung aus. 52 "Als neue Obrigkeit<br />
wickelt der innere Kreis dieses politischen Hochadels alle Staatsgeschäfte unter<br />
seinesgleichen ab. Von den Gefolgschaften wird bedingungslose Treue verlangt,<br />
wofür diese dann allerlei Brosamen erhalten." 53 "Zwischenparteilich<br />
entsteht" so "eine Gruppe von Eingeweihten, die nur noch Scheingefechte<br />
gegeneinander liefern, um das Herz des Wählers zu erfreuen. In Wahrheit sind<br />
sie sehr einig, und nur manchmal fechten sie stille, aber erbitterte Kämpfe aus<br />
um den Anteil an der großen Futterkrippe, die Macht heißt." 54<br />
In der bloßen Existenz politischer Eliten liegt nicht das Problem. Nach jeder<br />
Staatsumwälzung und Verdrängung einer alten Elite von der Macht pflegt sich<br />
alsbald eine "neue Aristokratie" aufzuschwingen und die Rolle der alten zu besetzen.<br />
55 Robert Michels fand das "Eherne Gesetz der Oligarchie", nach dem in<br />
jedem Herrschaftssystem nur wenige wirkliche Macht ausüben. 56 Man hat errechnet,<br />
daß die Anzahl der Aristokraten im zaristischen Rußland, der ausschlaggebenden<br />
Lobbyisten in den USA und der Nomenklatura in der Sowjetunion<br />
mit 4%-6% der Bevölkerung immer annähernd gleich ist. 57 Zentrales<br />
Problem ist aber, durch welches Ausleseprinzip welche Art von Menschen Zugang<br />
zur Funktionselite bekommt und dadurch an der tatsächlichen Ausübung<br />
der Herrschaft Teil hat. Daß in der heutigen Bundesrepublik die Art der Auswahl<br />
von Berufspolitikern und ihre Karriere die entscheidende Schwachstelle<br />
des politischen Systems ist, sieht der Kölner Soziologe Erwin Scheuch als nicht<br />
kontrovers an. 58 Die Personalauswahl werde durch das Instrument der Wahlliste<br />
bestimmt, und hier dominieren Einflußcliquen und Seilschaften. Für den Berufspolitiker<br />
wird der Kampf um seine Wiederaufstellung zur persönlichen Exi-<br />
51 Hoffmann-Lange, Eliten und Demokratie, S.338.<br />
52 Scheuch, Studie, S.8, 10; Cliquen, S.44.<br />
53 Scheuch, Rheinischer Merkur 13.2.1992.<br />
54 E.J. Jung, Die Herrschaft der Minderwertigen, S.257.<br />
55 Carl Schmitt , Die geistesgeschichtliche Lage, S.36.<br />
56 Michels, Soziologie, S.13, 351 f., 354 beruft sich seinerseits auf Vorläufer wie Vilfredo Pareto<br />
und seine Théorie de la circulation des élites. Vgl. Freund, Eliten und Elite-Begriffe, S.28 (35).<br />
57 Konrad Lorenz, Der Abbau des Menschlichen, S.222.<br />
58 Scheuch, Cliquen S.72, 13; Anonymus, in: ZRP 1988, S.62 (64).