pdf-Version - Klaus Kunze
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bei einem Zeitungsherausgeber genügt haben soll, einem kritischen Redakteur<br />
240 einen schon zugesagten Aufstieg zu verbauen.<br />
Direkte Zensur durch die Parteien hat der Parteienstaat ebensowenig nötig,<br />
wie die SED ihrem bewährten Karl-Eduard von Schnitzler nicht ins Handwerk<br />
pfuschen mußte. Durch strenge Personalauswahl und Parteiproporz wird überall<br />
dafür gesorgt, daß "dankbare" Parteiaktivisten in vorderster Linie für die Belange<br />
ihrer Partei eintreten. Zensur braucht man dann nicht mehr. So wird die<br />
"demokratische Willensbildung von unten nach oben" tagtäglich zur Farce,<br />
wenn hochbezahlte und daher "dankbare" Moderatoren die Nachrichtenauswahl<br />
treffen, kunstvoll Betroffenheiten zelebrieren und Agitation und Propaganda<br />
auf so versteckt-suggestivem Niveau treiben, daß selbst ein Goebbels fachliche<br />
Anerkennung hätte zollen müssen. Vom Intendanten bis zum Redakteur hat der<br />
Parteienstaat die Medien im Griff, deren Angehörige in vorauseilendem<br />
Gehorsam die Parteien und ihr System belobhudeln: Die Stimme seines Herrn!<br />
Häufig schreckt das Fernsehen noch nicht einmal vor plumper und direkter<br />
Meinungsmache wie in George Orwells "1984" durch den Großen Bruder<br />
zurück wie 1992 bei der staatlichen Pro-Ausländer-Kampagne. Staatliche Wurfsendungen<br />
mit volkspädagogisch Erwünschtem vervollständigen das Bild<br />
lüc??kenloser ideologischer Erfassung aller Haushalte. "Den Staatsparteien des<br />
Parteienstaates ist daran gelegen, in uns das ihrem Interesse gemäß 'richtige'<br />
Gesellschaftsbild zu verankern, und sie haben die Mittel dazu." 241<br />
Im Endeffekt befindet sich die Mehrheit der Bürger, von denen nach demokratischer<br />
Lehre doch die politische Willensbildung ausgehen sollte, fest in<br />
Händen staatlich finanzierter, professioneller Parteiapparate und ist "umgeben<br />
von Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem." 242 Sie üben eine<br />
so umfassende Informationsauswahl und Meinungssteuerung aus, daß sie jede<br />
abweichende inhaltliche Position marginalisieren und jede auch nur personelle<br />
Konkurrenz ins Abseits drängen können, das heißt in die Schmuddelecke für<br />
"Radikale". Bedeutet schon die selektive Auswahl der Tatsachen und Meldungen<br />
nach Maßstab der volkspädagogisch jeweils Erwünschten eine Steuerung,<br />
so nicht minder ihre Zubereitung, Darbietung nach Form, Ausdrucksweise,<br />
240 Karl F. einer bekannten Tageszeitung für Deutschland. In einem ähnlichen Fall wurde der<br />
Redakteur Wolfgang Kracht nach Intervention eines Ministerpräsidenten vom Herausgeber des<br />
Donau-Kuriers, Wilhelm Reißmüller, arbeitsrechtlich gemaßregelt; vgl. bei Fahrenholz, Frankfurter<br />
Rundschau 2.6.1992.<br />
241 Stubbe-da Luz, Parteiendiktatur, S.71.<br />
242 Scheuch, Cliquen, S.121.<br />
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