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pdf-Version - Klaus Kunze

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189<br />

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Wirken des Liberalismus übrigbleiben wird, werden wir keinen Staat mehr machen<br />

können.<br />

Hier gilt es Gegenkräfte zu mobilisieren, die Tendenz umzukehren und den<br />

Staat vor seiner gänzlichen Beseitigung zu bewahren, weil wir ihn noch benötigen,<br />

und ihn insbesondere vor einem Aufgehen im nur Gesellschaftlichen zu<br />

schützen. Eine vollständige und in allen Lebensbereichen sauber durchzuhaltende<br />

Trennung von Staat und Gesellschaft ist zwar nach allgemeiner Ansicht<br />

nicht möglich. Diese Einsicht ist aber kein Grund, die mit Staat und<br />

Gesellschaft bezeichneten Aspekte menschlichen Zusammenlebens nicht voneinander<br />

zu trennen, wo dies möglich ist. Dazu bedarf es zuallererst eines Verfassungsorgans,<br />

dem die Verkörperung des Staats gegenüber der Gesellschaft<br />

obliegt. Dieses Organ ist der Bundespräsident. Während er heute nur<br />

symbolische Funktionen erfüllt, sind ihm die Entscheidung über den Kanzler<br />

und damit die Regierungsgewalt und damit deren Kontrolle alleinverantwortlich<br />

zu übertragen.<br />

DAS REPRÄSENTATIONSDEFIZIT<br />

Da das Ganze in der Bonner Verfassung nicht hinreichend vertreten ist, liegt<br />

das Strukturdefizit des Grundgesetzes vor allem in einem Repräsentationsmangel.<br />

Der in ein gesellschaftliches Kräfteparallelogramm eingebundene Bürger<br />

bedarf der Repräsentation seiner Interessen gegenüber anderen gesellschaftlichen<br />

Mächten in einem pluralen Vertretungsorgan, dem Bundestag. Aber auch<br />

sein Fundamentalinteresse an der Integrität desjenigen Ganzen, das seine<br />

individuelle Freiheit schützt, müßte vertreten werden. Das eigentliche Problem<br />

besteht im Konflikt zwischen verschiedenartigen Einzelbelangen und ihrem<br />

möglichen Gegensatz zum umfassenden öffentlichen Interesse. 588 Weil man mit<br />

dem Repräsentationsmodell im Grundgesetz 1949 ein Höchstmaß an "demokratischer"<br />

Legitimation bewirken wollte, muß der Parlamentsabsolutismus als<br />

korrigierbarer Konstruktionsfehler der Verfassung angesehen werden, weil das<br />

Repräsentationsprinzip nur unvollständig durchgeführt wurde. Darin liegt ein<br />

Systembruch, ein Widerspruch des gedanklichen Modells der Interessenvertretung<br />

in sich. Dieser Widerspruch beruht auf einer extremistischen Übertreibung<br />

der oben dargestellten liberalen Grundannahmen. Die entscheidende falsche<br />

588 Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, S.306.

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