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pdf-Version - Klaus Kunze

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fung und Verleumdung der Parteien fort, deren Vertreter nicht in den<br />

Aufsichtsräten der Medien sitzen. Die tatsächlichen politischen Forderungen<br />

dieser Parteien werden verschwiegen und ihnen andere, gar nicht vertretene<br />

Positionen untergeschoben, ohne daß sie zu Wort kommt und damit eine<br />

Chance hätte, die Falschbehauptungen richtigzustellen. Darin liegt ein Element<br />

der Diskriminierung und macht die Berichterstattung zur Agitation. Obwohl<br />

alle einschlägigen Rundfunkgesetze ausgewogene Berichterstattung verlangen,<br />

kamen z.B. Republikaner bis zum Frühjahr 1992 nicht selbst zu Wort und auch<br />

danach nur höchst selten und kurz. Während neo-nationalsozialistische Halbstarke<br />

- volkspädagogisch abschrec??kend wegen des baren Unsinns ihrer Rede<br />

- in politischen Magazinsendungen genüßlich vorgeführt werden und ihre<br />

Sprüche klopfen dürfen, sind zum Beispiel Republikaner offenbar zu gefährlich,<br />

als daß man sie auszustrahlen riskieren könnte. Nach informellen Absprachen<br />

zwischen den Intendanten darf kein Republikaner seine Meinung im<br />

Fernsehen vertreten und Programmpunkte vortragen, weil man dann nicht mehr<br />

behaupten könnte, die Partei hätte außer dummen Sprüchen kein Programm.<br />

Die Noelle-Neumannsche Schweigespirale wird operativ eingesetzt und gegen<br />

die als gefährlich eingeschätzte Konkurrenzpartei gewandt: Die Politiker, die<br />

allabendlich in ihren Staatskarossen zu Sitzungen auffahren, hält der Fernsehzuschauer<br />

für real. Wer nicht auffährt und eintrifft, ist irreal - es gibt ihn einfach<br />

nicht. Die Ikone Bildschirm ersetzt für den sich "in der ersten Reihe" wähnenden<br />

Zuschauer die Realität; 311 und in dieser Realität dürfen Störenfriede<br />

nicht vorkommen.<br />

Die Verfügungsmacht über die Medien ist eine der tragenden Spielregeln<br />

des Systems, durch die es für seinen dauernden Selbsterhalt sorgt. Wenn<br />

Parteipolitiker und ihre Journaille sich gegenseitig Vorlagen geben, steht jede<br />

Konkurrenz sofort im Abseits, die nicht über die Mikrophone verfügt. Ihre<br />

grundgesetzlich garantierte Freiheit, bei diesem Spiel mitzumischen, ist so<br />

hilfreich wie die Freiheit der Menüwahl bei Tische, wo der Fuchs und die Gans<br />

miteinander tafeln. Mit dem Zugriff auf das Fernsehen und mit seinem parteipolitischen<br />

Mißbrauch haben die Kartellparteien das ausschlaggebende Machtinstrument<br />

der modernen Mediengesellschaft in der Hand. Sein Einsatz beseitigt<br />

die Chancengleichheit vollständig und trifft damit den Nerv der FdGO.<br />

Diese Grundordnung, so juristisch verschroben sich ihre Definition durch das<br />

BVerfG auch anhören mag, bildet in sich ein ausgewogenes und durchdachtes<br />

Ganzes. Man kann nicht einzelne ihrer Elemente beliebig beseitigen, ohne das<br />

311 Schrenck-Notzing, Abschied vom Dreiparteiensystem, S.121.

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