pdf-Version - Klaus Kunze
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wäre. Nach Leistung aber werden die maßgeblichen Machtpositionen in<br />
Deutschland schon lange nicht mehr besetzt, und das beginnt schon beim Studiendirektor.<br />
Als unabdingbar zur Befreiung des Staats aus der Parteienknebelung wird<br />
auch die Trennung von Staats- und Parteiämtern erkannt. So fordert Scheuch<br />
die Trennung von Partei- und Fraktionsamt; Beamte und Journalisten sollen<br />
keine Partei- und Wahlämter mehr bekleiden und Mandatsträger und Politfunktionäre<br />
nicht mehr in Aufsichtsgremien von Betrieben der öffentlichen Hand<br />
gewählt werden dürfen. 441 In derselben Tendenz verlangt Vierhaus die Aufbrechung<br />
des Blocks von Regierung und Fraktion durch Inkompatibilität von Regierungsamt<br />
(einschließlich Ministerialbürokratie) und Abgeordnetenmandat.<br />
442 Vollends an die Herrschaftsinstrumentarien der Parteiführungen<br />
geht Scheuch, wenn er innerparteiliche Blockwahlen verbieten will, was in der<br />
Tendenz des Hamburgischen Verfassungsgerichtsurteils 1992 gegen die CDU<br />
liegt; wenn Scheuch Kandidaten nach öffentlicher Vorstellung ihres<br />
beruflichen Werdeganges durch alle Parteimitglieder ihres Wahlkreises und<br />
wenn er Oberbürgermeister unmittelbar von der Bevölkerung wählen lassen<br />
sowie die Zahl der Abgeordneten drastisch senken will.<br />
Doch wo der Hydra des Parteienstaates unter öffentlichem Rechtfertigungsdruck<br />
ein Haupt abgeschlagen wird, pflegen sieben neue nachzuwachsen. Ein<br />
beliebtes Mittel der Verniedlichung ist es, den Eindruck rein menschlichen<br />
Fehlverhaltens einzelner weniger Parteifunktionäre zu erwec??ken, diese abzuhalftern<br />
und den "Skandal" damit als erledigt abzutun. Auch die parlamentarische<br />
Opposition sitzt in solchen Fällen gewöhnlich mit im selben Boot<br />
und hat daher kein großes Interesse, Systemänderungen anzumahnen, die sie<br />
selbst mit benachteiligen würden.<br />
Nach Möglichkeit versuchen die Parteien ohnehin, Reformvorschläge zu<br />
bloc??kieren und totzuschweigen. So berichtete Scheuch über die Reaktionen<br />
der Spitzenpolitiker auf die Erstveröffentlichung seiner Studie: Diese reichten<br />
von Umarmen ("...wertvolle Anregungen ... ganz nett ... Wir beschäftigen uns<br />
seit langem mit Reformen...") über Wegtauchen bis zu Beschimpfungen und<br />
offenen Drohungen. 443 Trotz enormen Medienechos auf die Studie und kopfnickender<br />
Zustimmung bei politischen Altenteilern ist weder bei den Bonner<br />
Parteien noch bei der derzeitigen Bundestagskommission zur Reform des<br />
441 Scheuch, Cliquen S.123.<br />
442 Vierhaus, S.475.<br />
443 Scheuch, Cliquen S.139.