pdf-Version - Klaus Kunze
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Coup der Bonner Parteischatzmeister. Von selbst hatten die Bundestagsparteien<br />
noch nie besondere Eile an den Tag gelegt, den Umfang ihrer Finanzierung aus<br />
Steuergeldern gesetzlich zu begrenzen. Erst eine Folge von Verfassungsgerichtsurteilen<br />
227 hatte erzwungen, daß die von den Abgeordneten zugunsten<br />
ihrer Parteien in den Haushalt aufgenommenen Haushaltsmittel überhaupt gesetzlich<br />
geregelt werden mußten. Seitdem handelten die Parteien nach der Devise:<br />
"Wir nehmen, was wir kriegen!" So gibt auch die amtliche Begründung<br />
der Gesetzesvorlage vom 28.9.93 treuherzig zu, die vom BVerfG nunmehr gesetzte<br />
"absolute Obergrenze" der "vorgesehenen staatlichen Zuschüsse" werde<br />
"ausgeschöpft". Man läßt nichts anbrennen in Bonn.<br />
Der gesetzgeberische Spielraum des Parlaments hatte sich indessen auf das<br />
Suchen von Schlupflöchern beschränkt: Einen Großteil der Neuregelungen<br />
mußte die Gesetzesvorlage wörtlich oder der Sache nach vom Verfassungsgerichtsurteil<br />
vom 9. April 1992 abschreiben. Das Risiko, von dem vom Gericht<br />
Vorgeschriebenen abzuweichen und wieder aufgehoben zu werden, erschien<br />
den Parteien zu groß. Immerhin sieht das Grundgesetz überhaupt keine Staatsfinanzierung<br />
von Parteien vor und gibt daher keine Vorgaben. So fühlten sich die<br />
Karlsruher Richter bemüßigt, das Schweigen der Verfassung als Regelungslücke<br />
aufzufassen und sich wieder einmal als "richterliche Ersatzgesetzgeber"<br />
in Sachen ihrer Entsendeparteien aufzuspielen.<br />
Für die Fraktionen und Parteistiftungen rieseln die Dukaten jetzt nicht nur<br />
munter weiter aus dem Steuersack - der Pegel steigt! Noch sind die Parteien<br />
durch nichts gehindert, weitere Millionenbeträge ohne förmliches Gesetz einzustreichen<br />
und die vom BVerfG gesetzte "absolute Obergrenze" zu umgehen. Sie<br />
verstecken nämlich Personalkosten wie die Gehälter von Abgeordnetenmitarbeitern<br />
pauschal in Haushaltsplänen und -gesetzen. 228 Da sie sich in eigener<br />
Sache meist einig sind und der Verwendungszweck in Haushaltstiteln für<br />
Außenstehende nicht leicht erkennbar ist, geschieht das diskret und ohne öffentliches<br />
Aufsehen - schließlich ist ein Mitarbeiter kein Dienstwagen.<br />
Während die direkten Fraktionszuschüsse der Bonner Parlamentarier mit<br />
98,917 Mio.DM für 1994 unverändert blieben und bei der Parteienfinanzierung<br />
formell nicht mitzählen - oder sind Fraktionen etwa Parteien? - dürfen auch die<br />
einzelnen Abgeordneten künftig legal Werbebroschüren auf Kosten der Staatskasse<br />
herausgeben. Gleichzeitig mit der Neuregelung des Parteiengesetzes und<br />
dem formalen Einfrieren ihrer Staatsfinanzierung änderten die Parteien nämlich<br />
227 Vgl. i.e. die historische Entwicklung bei Arnim, Die Partei..., S.54 ff.<br />
228 Vgl. dazu ausführlich Stolz, ZRP 1992,372.