pdf-Version - Klaus Kunze
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Bohlander und Latour fordern das speziell für Richter 608 und verweisen auf<br />
Art.395 Satz 1 der spanischen Ley Orgánica del Poder Judical: "Art.395. (1)<br />
Richter dürfen weder einer politischen Partei noch einer Gwerkschaft<br />
angehören, noch in deren Diensten stehen..." und resümieren: "Im Sinne von<br />
Art.33 II und III 2 GG wäre eine solche Regelung sicher zu begrüßen, obwohl<br />
natürlich ein Spannungsverhältnis zur politischen Meinungs- und Vereinigungsfreiheit<br />
bestünde, das genauerer Abwägung bedürfte." Auch nach Hans<br />
Herbert von Arnim sollte "das Übel einfach an der Wurzel gepackt" und von<br />
Verfassungs wegen die "Wählbarkeit von Beamten und Richtern ins Parlament<br />
untersagt" werden. 609<br />
Schwierig abzugrenzen ist der staatliche Bereich, in dem parteiorientierte<br />
Amtsinhaber nicht geduldet werden dürfen, vom Bereich öffentlicher Dienstleistungen.<br />
Während noch unmittelbar einsichtig ist, warum ein Polizeibeamter,<br />
Lehrer oder Richter nur der Allgemeinheit verpflichtet und darum nicht parteigebunden<br />
sein darf, bildet etwa der Gemeindeangestellte im Sozial- oder Bauamt<br />
einen Grenzfall, während gegen eine Parteimitgliedschaft eines Müllwerkers<br />
oder eines städtischen Bademeisters nichts einzuwenden sein dürfte. Die<br />
Problemlage ist dieselbe wie in der allgemeinen Debatte um das Staatshandeln<br />
durch Beamte oder Angestellte des öffentlichen Dienstes: Der Trend der Zeit<br />
geht vom öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis der Beamten weg.<br />
Gerade wenn man an die Beamteneigenschaft, wie hier vorgeschlagen, die Forderung<br />
nach einem Parteibuchverzicht knüpft, muß der staatlich-hoheitliche<br />
Bereich der Eingriffsverwaltung säuberlich vom Bereich bloßer Leistungsverwaltung<br />
getrennt werden, der kein so hohes Maß an Neutralität erfordert.<br />
Während in diesem nur die Daseinsfürsorge gewährleistet wird, tritt der Staat in<br />
jenem dem Bürger mit der Ermächtigung gegenüber, ein Handeln zu verbieten<br />
oder zu befehlen, so z.B. im Polizei- und Ordnungsrecht.<br />
Vor allem im Bereich der Leistungsverwaltung für den Bürger bedient der<br />
Staat sich zunehmend normaler Arbeitnehmer. Gerade die Führungsetagen dieses<br />
mittelbar staatlichen Sektors, also z.B. die Aufsichtsräte und Vorstände<br />
kommunaler Eigenbetriebe, sind aber als Pfründenobjekte besonders dem Zugriff<br />
der Parteien ausgesetzt. Hier handelt der Staat nicht hoheitlich, sondern<br />
tritt in bürgerlich-rechtlichen Formen wie ein privater Unternehmer zur Gewin-<br />
608 Michael Bohlander und Christian Latour, Zum Einfluß der politischen Parteien auf die Ernennungen<br />
zum Bundesgerichtshof, ZRP 1997, 437.<br />
609 Hans Herbert von Arnim, Reformblockade der Politik? Vortrag vom 14.10.97 in der Mainzer<br />
Staatskanzlei, ZRP 1998, 138 (140).