pdf-Version - Klaus Kunze
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anzurufen. Die politische Kontrolle durch das Volk ist nach dem hier vorgeschlagenen<br />
Maßnahmenbündel schon durch die Möglichkeit des<br />
Volksentscheids über konkrete Regierungsmaßnahmen gegeben. Eine geordnete<br />
Regierungstätigkeit setzt allerdings voraus, daß ein hoher Prozentsatz der<br />
Wähler einen solchen Entscheid begehrt. Dieses Quorum muß hoch genug liegen,<br />
so daß es nur in wichtigsten Richtungsfragen und großer Mobilisierung der<br />
Wähler zu einem Volksentscheid kommen kann.<br />
Das gilt entsprechend für ein Recht des Volks, den Bundespräsidenten während<br />
seiner Amtszeit durch Wahl eines anderen zu stürzen. Weil der Präsident<br />
notfalls auch erforderliche, aber unpopuläre Maßnahmen treffen können muß,<br />
kann dieses Volksrecht nur auf Ausnahmesituationen beschränkt sein, wenn<br />
kein permanenter Wahlkampf herrschen soll. Denkbar wäre auch ein nur gemeinsam<br />
von Bundestag und Volk jeweils mit den Stimmen der Mehrheit auszuübenden<br />
Initiativrecht.<br />
DIE REKONSTRUKTION DES STAATES<br />
Oben waren wir auf die Ausbildung des neuzeitlichen Phänomens "Staat"<br />
gegenüber der mittelalterlichen Lehnsgesellschaft eingegangen. Wir haben das<br />
Auf und Ab der Macht des Staats von ihrer vollen Entfaltung im Fürstenabsolutismus<br />
bis in unser Jahrhundert der totalitären Ideologien verfolgt, in dem der<br />
Staat häufig nur noch geduldet und mißbraucht wurde als von einer Einheitspartei<br />
vereinnahmter Knecht, wenn seine Amtswalter, die Polizei und Justiz auf<br />
Parteibefehl Unrecht tun mußten. Schließlich haben wir auch in der Ideenwelt<br />
des Liberalismus ein ideologisches Grundprinzip gefunden, dessen extreme, ultraliberale<br />
Anwendung auf eine weitestmögliche Reduzierung staatlicher Funktionen<br />
hinausläuft, wenn nicht gar zu einem in letzter Konsequenz erwünschten<br />
"Absterben" des Staates, den der Liberale allenfalls als leider unentbehrlich<br />
duldet.<br />
Daß diese Zukunftsperspektive nicht übertrieben ist, beweist das Verhalten<br />
der liberalen deutschen Parteipolitiker tagtäglich. In Deutschland gibt es bedeutende<br />
Bereiche, die traditionell "staatlich" geführt oder zumindest kontrolliert<br />
sind. Diese Bereiche werden allgemein mit dem umfassenden Begriff der Daseinsvorsorge<br />
und -fürsorge umschrieben. Für das Gemeinwohl für unentbehrlich<br />
gehaltene Tätigkeiten sind so seit dem 18. Jahrhundert staatliche Domänen<br />
geworden: Von den merkantilistischen Wirtschaftsbetrieben Friedrichs des<br />
Großen führt eine direkte Verbindung zum staatlichen Bau des Volkswagen-