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pdf-Version - Klaus Kunze

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Griff haben, sind verfassungsändernde Mehrheiten zugunsten systemüberwindender<br />

Reformen nicht zu erwarten.<br />

Es kommt als systemstabilisierende Klammer um alle zur Zeit "gesellschaftlich<br />

relevanten" Kräfte eine weitgehend homogene Ideologie hinzu, die auch<br />

diejenigen Personen das System verteidigen läßt, die ökonomisch noch nicht<br />

von ihm abhängig sind. Voraussetzung für die dauernde Herrschaft einer Oligarchie<br />

ist ihre Geschlossenheit. Diese kann, wie beim früheren Geburtsadel, auf<br />

verwandtschaftlichen Bindungen, auf gleichen ökonomischen Interessen, aber<br />

auch auf weltanschaulicher Übereinstimmung beruhen. In Deutschland dominiert<br />

heute der linksliberale Mainstream des derzeitigen BRD-Establishments,<br />

der, aus dem Geiste der 1968-Studentenrevolte geboren, seinen Marsch durch<br />

die Institutionen erfolgreich beendet hat. Die revolutionäre Linke von 1968<br />

hatte das damalige Establishment als illegitim bekämpft und seine Throne<br />

umgestürzt, auf denen es sich selbst bequem gemacht hat. Bekanntlich sind die<br />

Revolutionäre der Gegenwart die Reaktionäre der Zukunft. Die 68er haben ihre<br />

revolutionäre Gegenwart schon hinter sich, und verbissen verteidigen sie ihren<br />

Einfluß von den errungenen Posten in Parteien und Medien herab gegen jede<br />

ideologische Diversion. Ihre wütende Verteidigung gegen den Zangengriff der<br />

jüngeren, nachdrängenden Generation und einzelner aus der Generation der<br />

Großväter trägt alle Züge eines Kulturkampfes. 553 Schon Robert Michels hatte<br />

1911 festgestellt: Im Besitze der Macht geht in dem Revolutionär eine<br />

Umwandlung vor, an deren Endpunkt er, wenn nicht der weltanschaulichen<br />

Legitimation, so doch der Substanz nach, den Entthronten so ähnlich wird wie<br />

ein Haar dem anderen. 554<br />

Soziologischer Beobachtung nach findet normalerweise kein völliger Elitenaustausch<br />

statt, sondern eine Verschmelzung des nach oben drängenden Neuen<br />

mit dem Alten. So gehen die Revolutionäre nach einer Periode glorreicher<br />

Kämpfe und einer Periode ruhmloser Teilnahme an der Herrschaft zuguterletzt<br />

in der alten dominierenden Klasse auf. "Jedoch gegen sie erheben sich namens<br />

der Demokratie wieder neue Freiheitskämpfer. Und dieses grausamen Spieles<br />

zwischen dem unheilbaren Idealismus der Jungen und der unheilbaren Herrschsucht<br />

der Alten ist kein Ende. Stets neue Wellen tosen gegen die stets gleich<br />

Brandung. Das ist die tiefinnerste Signatur der Parteigeschichte." 555 Heute sind<br />

wir unten, wir sind die Welle, die "revolutionären Freiheitskämpfer". Wir<br />

553 Eckhard Fuhr, Ein Kulturkampf, FAZ 29.9.1993.<br />

554 Michels, Soziologie, S. 196.<br />

555 Michels, Soziologie, S. 378.

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