pdf-Version - Klaus Kunze
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tieren. Die Empörung der anderen Sender in den folgenden Programmkonferenzen<br />
war immens."<br />
Die aktuelle Eroberung des Staates durch linksliberale Repräsentanten der<br />
Gesellschaft bedeutet die höchste Alarmstufe für den bürgerlichen Individualismus,<br />
seine Gedanken- und schließlich seine Handlungsfreiheit: Im Deutschland<br />
des Jahres 1994 kann wieder mit dem staatlichen Gesetz in Konflikt kommen,<br />
wer gegen die Moral des vergesellschafteten Staates seine eigene Moral behauptet<br />
oder nur die Zumutung abwehrt, die volkspädagogisch aufgestellten<br />
Tabu- und Genickschußzonen zu achten. Wie ein Altlinker die Tabuwaffe gezielt<br />
zu führen weiß, schildert Schrenck-Notzing: "Unbefangen schildert Adler,<br />
wie er dann an der FU in Berlin beim SDS lernte, die Waffe selbst zu<br />
verwenden: 'Ich konnte es genießen, wenn ich sah, wie ganz normale liberale<br />
Leute in einer Diskussion den Kürzeren zogen, wenn jemand das Wort faschistisch<br />
gebrauchte, evtl. verstärkt durch die Andeutung der KZs mit entsprechendem<br />
Tabu-Gesichtsausdruck, drohend ernst, Stirn in Falten, Augen ins<br />
Unendliche ... Wem dies noch zu abstrakt war, dem wurden die Gaskammern<br />
vor Augen geführt, womit jeder sehen konnte, wohin das führte, wenn man so<br />
dachte.' Das Wort Tabu-Gesichtsausdruck ist kein Zufall: Meinhard Adler ist in<br />
der Tat der Ansicht, daß es beim Bewältigungs-Ritus um ein methodisches Aufrichten<br />
von Tabus geht. Die 'angebliche Tabubefreiung in unserer Gesellschaft'<br />
ist für ihn bloße Rhetorik: 'Es hat lediglich eine Tabugebietsverschiebung<br />
stattgefunden. War es früher bei Ächtung verboten, die Kraft der Erektion und<br />
der Sinnlichkeit öffentlich nachzuempfinden, so ist es heute bei gleicher<br />
Ächtung verboten, die faszinative Kraft von Ordnung, Autorität und Kampf zu<br />
empfinden.' " 211<br />
Der zunehmend zum totalitären Gesinnungsdruck übergehende Linksliberalismus<br />
beurteilt den Menschen nicht mehr danach, was er tut, sondern danach,<br />
was er denkt, sagt oder schreibt. 212 "Der Eifer unserer Gesinnungs-, Weltanschauungs-<br />
und und Sektenbeauftragten, unserer Groß- und Kleininquisitoren<br />
und Wächter über 'political correctness' ist zu einer ernsten Bedrohung unserer<br />
Freiheit geworden." 213 Während die Gesetzesordnung so weitmaschig und liberal<br />
gehandhabt wird, daß kein Verhalten mehr verboten werden kann, muß der<br />
Liberalismus sich als Ersatzlösung der Gesinnung seiner Bürger versichern und<br />
211 Schrenck-Notzing, Rezension von Meinhard Adler, Vergangenheitsbewältigung in Deutsch-<br />
land, Criticón 1991,207.<br />
212 Mohler, Liberalenbeschimpfung, S.133.<br />
213 Martin Kriele, Leserbrief in der FAZ 4.5.1994.