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pdf-Version - Klaus Kunze

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Blume des Gemeinwohls. 253 Die tatsächlichen Parteien entsenden die real existierenden<br />

Abgeordneten über Listen als ihre Vertreter in die Parlamente, nicht<br />

als Abgeordnete des Volkes, und dementsprechend verlangen sie von ihnen<br />

Gehorsam in Form des üblichen Fraktionszwangs. Wer ausschert, riskiert seine<br />

Wiederaufstellung und damit seine Existenz als parteiabhängiger Berufspolitiker.<br />

Die in Art.38 GG statuierte Fiktion von der Unabhängigkeit der Abgeordneten<br />

hatte einmal Edmund Burke in einer Rede verteidigt. Es strafte aber<br />

schon damals das tatsächliche Verhalten der meisten gewählten Volksvertreter<br />

den "hohen Idealismus Edmund Burkes Lügen. Selbst mancher Zeitgenosse<br />

Burkes, der seine Rede hörte, muß innerlich gelacht haben, wenn er an die<br />

völlige Unterwürfigkeit der meisten Parlamentsmitglieder gegenüber den<br />

großen aristokratischen Grundbesitzern dachte, die nicht einmal Weisungen<br />

auszugeben brauchten, so eifrig waren 'ihre' Abgeordneten beflissen." 254<br />

Das Verhältniswahlrecht mit seinem starren, nach Meinung Hans Herbert<br />

von Arnims verfassungswidrigen 255 Listensystem ist das Hauptinstrument der<br />

Parteien, ihre Abgeordneten in Abhängigkeit zu halten. So konnte Schmitt<br />

schon 1932 spotten, die Abgeordneten würden in fester Organisation und<br />

Disziplin marschieren, zum Teil sogar schon uniformiert. 256 Heute ist die<br />

textile Uniformierung verpönt, die geistige Uniformität dagegen blieb.<br />

Die Eroberung des Staats durch die Parteien als gesellschaftliche Kampfverbände<br />

führte zur totalen Machtergreifung des Parteiensystems und machte den<br />

Staat selbst weitgehend handlungsunfähig. 257 Besonders augenfällig wird sie<br />

wie eine Machtergreifung auf einem feindlichen Hauptquartier, wenn man etwa<br />

beim Niedersächsischen Umweltministerium anfragt, ob dieses eine Initiative<br />

für Umweltschutz in der Landesverfassung plane: Man erhält als Antwort den<br />

Entwurf der SPD-Landtagsfraktion übersandt. So ist die Eigenidentifikation der<br />

Parteien mit dem Staat zur unreflektierten Selbstverständlichkeit geworden. 258<br />

Partei und Staat beginnen sich zu dec??ken. 259<br />

Wo die ihrer Natur nach parteiischen Parteien aber den Staat erobert und<br />

seiner Neutralität beraubt und damit Gesellschaft und Staat heillos miteinander<br />

253 Vitzthum, Demokratie, Parteien und Parteiendemokratie, FAZ 21.11.1994.<br />

254 Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, S.307.<br />

255 Arnim, Staat ohne Diener, 1993, S.56.<br />

256 Carl Schmitt, Konstruktive Verfassungsprobleme, in: ders., Staat, Großraum, Nomos, S.56.<br />

257 Oberlercher, Zur Erneuerung des deutschen Parteiensystems, S.135, (141).<br />

258 Vierhaus, S.472.<br />

259 E.J. Jung, Die Herrschaft der Minderwertigen, S.268.

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