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pdf-Version - Klaus Kunze

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aufrechterhalten. 314 Es vermag im Gemeinwohl nichts anderes zu sehen als ein<br />

"Kräfteparallelogramm der Sonderinteressen." 315 Ihre Grundüberzeugung vom<br />

Menschen fußt auf einem schönfärberischen Menschenbild, dessen sich in polemischer<br />

Absicht vornehmlich diejenigen bedienen, die von staatlichen Schutzgesetzen<br />

für ökonomisch und sozial Schwache nur persönliche Nachteile<br />

befürchten: die Eigentümer von Kapital. "Der Staat ist den Eigentümern ein<br />

notwendiges Übel, und man muß jedes Übel so klein machen als möglich." 316<br />

Also duldet der Liberale den Staat allenfalls als in Diensten der Gesellschaft<br />

stehendes, mißtrauisch kontrolliertes Übel. Tatsächlich hingegen ist das<br />

Gemeinwohl nicht die Summe der addierten Einzelwohle und bleibt ein aliud<br />

und ein Eigenwert im Verhältnis zum Einzelinteresse. 317<br />

Nun gehören die bewußten Bösewichte unter uns ebenso zu den Seltenheiten<br />

wie die selbstlosen Tugendbolde. Weder eine Diktatur zur Niederhaltung des<br />

prinzipiell Bösen im Menschen, noch ein offen staatsfeindlicher Anarchismus<br />

zur besseren Entfaltung des Guten ließe sich durch empirische anthropologische<br />

Beobachtung stützen. Die Erfahrung macht vielmehr skeptisch und lehrt<br />

vielmehr, daß wir "zu allem fähig" und insoweit mit freiem Willen zum einen<br />

und zum anderen ausgestattet sind. Unsere stammesgeschichtlich ererbten Anlagen<br />

lassen uns allerdings in bestimmten Situationen zu bestimmten Handlungen<br />

neigen, die sich teilweise in der modernen Welt als problematisch erweisen<br />

können. 318 Insoweit hat Arnold Gehlen den Mensch zu Recht als Mängelwesen<br />

bezeichnet. 319 Zu den "Mängeln" gehören neben der Aggression das<br />

Dominanzstreben und eine Neigung, das eigene Wohlergehen und die kurzfristige<br />

Vergrößerung des persönlichen Erfolgs für wichtiger zu nehmen als das<br />

Gemeinwohl und damit die Grundlage der eigenen Existenz. "Der Mensch ist<br />

nicht böse von Jugend auf, er ist gut genug für die Elf-Mann-Sozietät, aber<br />

nicht 'gut genug', um sich für ein anonymes, persönlich nicht bekanntes Mitglied<br />

der Massensozietät so einzusetzen, wie für das persönlich bekannte und<br />

314 Arnim, FAZ 27.11.1993.<br />

315 Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, S.302.<br />

316 Fichte, Staatslehre, S.404.<br />

317 Dürig in Maunz-Dürig, Komm.zum GG, Art.2 Abs. I, Rdn.75<br />

318 Eibl-Eibesfeldt, Der Mensch, das riskierte Wesen, S.11.<br />

319 Vgl. dazu auch die Rezension von Henning Ottmann "Der Urmensch trug kein Braunhemd"<br />

in der FAZ 15.11.1993 zur 1993 erschienenen Gehlen-Gesamtausgabe, Bd.3 Der Mensch:<br />

Gehlen habe den Begriff von Herder übernommen, und was er meine, gehe in der Sache schon<br />

auf Plinius und Protagoras zurück. Bei Platon, Politeia, siehe 320 c ff.

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