pdf-Version - Klaus Kunze
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koalition stehen und keine selbständigen Entschlüsse zu fassen pflegen. Regierung<br />
und Bundestag werden heute faktisch aus der Parteizentrale der Mehrheitspartei<br />
oder der Koalitionsrunde ferngelenkt, was jede Gewaltenteilung zur<br />
bloßen Fiktion werden läßt. 149<br />
Nach der bürgerlichen Ideologie des Liberalismus soll eine Balance auch innerhalb<br />
des Parlaments erforderlich sein. 150 Davon kann im Parteienstaat aber<br />
keine Rede sein, weil im wesentlichen dieselben, durch die 5%-<strong>Klaus</strong>el unter<br />
sich bleibenden Kräfte im wesentlichen homogen sind. Durch die verbindende<br />
Klammer der Mehrheitspartei(en) verschwindet zwischen den Gewalten jenes<br />
Spannungsverhältnis, das für das Funktionieren der Gewaltenteilung grundlegend<br />
und unverzichtbar ist. "Die entscheidenden handelnden Personen sind<br />
durchweg führende Politiker der Parteien. Sie nehmen gleichsam eine Integrationsfunktion<br />
von Regierung, Parlament und Koalitionsparteien wahr." 151 "Wenn<br />
sich in der politischen Wirklichkeit eines Staates nicht mehr wie bei Montesquieu<br />
Legislative und Exekutive als miteinander echt konkurrierende Gewalten<br />
gegenüberstehen, sondern einerseits ein Konglomerat aus Regierung und parlamentarischer<br />
Mehrheit und andererseits die Opposition als parlamentarische<br />
Minderheit, die zudem durch das Mehrheitsprinzip jederzeit überstimmt werden<br />
kann, kann von einer Gewaltenteilung vernünftigerweise nicht mehr die Rede<br />
sein." 152 "Wir können daher von einer Art 'Oligarchie' der Spitzenpolitiker der<br />
Parteien sprechen." 153<br />
Das Grundgesetz kennt keine Vorkehrungen dagegen, daß ein und dieselbe<br />
Partei die Gesetze macht, anwendet und noch aus ihren Reihen Richter bestimmt,<br />
die über die Auslegung des Gesetzes zu wachen haben. Es ist gegenüber<br />
der Existenz politischer Parteien fast blind, und in Ausnutzung dieses<br />
blinden Flecks konnten diese die Macht über Exekutive und Legislative voll-<br />
149 Stein, Staatsrecht, S.152.<br />
150 Carl Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage, S.51; vgl. zum Gedanken der internen Machtbalance<br />
von Partikularinteressen innerhalb einer Vertretungskörperschaft auch Eyermann-Fröhler,<br />
Rdn.31 zu § 40 mit Hinweis auf Bethge, DVBl.1980,310 (313); Hoppe, NJW 1980, 1019<br />
spricht von einem Interesse der organisierten Einheit an der Zusammenordnung der organschaftlichen<br />
Handlungen zu einem einheitlichen Wirkungszusammenhang. Dieser "Wirkungszusammenhang"<br />
der körperschaftlichen Interessengegensätze läuft sachlich auf die liberale Idee<br />
der Ausbalancierung hinaus.<br />
151 Schreckenberger, FAZ 5.5.1992.<br />
152 Roman Herzog, in M-D-H, Art.20 GG, V. Rdn.29. Im Ergebnis so auch Rebenstorf, Steue-<br />
rung des politischen Nachwuchses, S.45 f., 50.<br />
153 Waldemar Schreckenberger, FAZ 5.5.1992.