pdf-Version - Klaus Kunze
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zum Beispiel nicht zum Staatsdienst zugelassen wurde. Erst das Bundesverfassungsschutzgesetzes<br />
vom 20.12.1990 schuf ein Mindestmaß an Rechtssicherheit.<br />
Objekt der Beobachtung waren dabei immer nur die "anderen": Obwohl<br />
die Bundestagsparteien seit Jahren am laufenden Band Gesetze produzieren, die<br />
das Bundesverfassungsgericht wegen ihrer Unvereinbarkeit mit Verfassungsnormen<br />
wieder aufhebt, betrachten sie sich als allein legitime Hüter der Verfassung.<br />
Die GRÜNEN wurden bespitzelt, solange sie "draußen" waren. Nach<br />
ihrem Einzug in Parlamente bildete man dann Koalitionen mit ihnen.<br />
Der Verfassungsschutz gibt den jeweiligen Regierungsparteien ein scheinbar<br />
legales Mittel, demokratische Konkurrenzparteien mit nachrichtendienstlichen<br />
Mitteln auszuspähen. Praktischer Erfahrung nach haben Verwaltungsrichter in<br />
den seltensten Fällen den Mut, eine offenkundig gesetzwidrige Einschleusung<br />
von V-Leuten des Verfassungsschutzes und ähnliche Methoden zu unterbinden.<br />
276 Diese V-Leute operieren in einer Grauzone, in der selten klar wird, ob<br />
sie nur beobachten oder ob sie die "Vorfälle" selbst provozieren, die der beobachteten<br />
Organisation später vorgeworfen werden. Am 31.5.94 trat der der<br />
Bundesorganisationsleiter der Republikaner Udo Bösch "nach rund<br />
zweijähriger aufmerksamer Beobachtung", wie er selbst formulierte, aus seiner<br />
Partei aus und trat sofort vor die zufrieden schnurrenden Fernsehkameras. Und<br />
im Juni 1994 gab der SPD-Innenminister in NRW zu, daß sein Verfassungsschutz-Informant<br />
Bernd Schmitt in Solingen Leiter der Kampfsportschule<br />
war, aus der die Täter des dortigen Brandanschlags auf Türken am 29.5.93 hervorgegangen<br />
waren.<br />
Viel wichtiger als die nachrichtendienstliche Beobachtung selbst ist den Regierenden<br />
im Zeitalter der symbolischen Politik aber, die Opposition quasi amtlich<br />
als Staatsfeinde stigmatisieren zu können. Die Strategie der Stigmatisierung<br />
wird in internen Papieren des Konrad-Adenauer-Hauses immer wieder<br />
betont und anempfohlen. 277 Da schwingt dann rechtzeitig vor Wahlen ein<br />
Partei-Generalsekretär wie Geißler den Taktstock gegen die Opposition, und<br />
der Chor der parteiangehörigen Verfassungsschutzpräsidenten und Fernsehmoderatoren<br />
stimmt betroffen und besorgt ein: Diese oder jene Partei stehe im<br />
Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit. Das hat in unserer Mediendemokratie<br />
etwa die Wirkung, als ließe ein Showmaster über einen prominenten Schauspie-<br />
276 Vgl. eingehend <strong>Kunze</strong>, Die Verfassungsschutzprozesse, S.77-111.<br />
277 Z.B. "Überlegungen zur Strategie der CDU gegenüber den REP", April 1989, Hrg. Grundsatz-<br />
und Planungsabteilung, S.2: "Daher scheinen mir die nachstehenden Methoden der<br />
'Stigmatisierung der REP erfolgreicher zu sein."<br />
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