pdf-Version - Klaus Kunze
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DIE VERFASSUNGSRECHTLICHE LAGE<br />
"Das Zeitalter des demokratischen Absolutismus ist vollendet. Wird er nicht<br />
abgelöst, so droht dem deutschen Volke die Zukunft der demokratischen<br />
Inquisition." 219 Als Edgar Julius Jung das 1930 zu Papier brachte, meinte mit<br />
demokratischem Absolutismus, was hier deshalb als Parlamentsabsolutismus<br />
bezeichnet wird, um der heillosen Begriffsverwirrung um das Wort Demokratie<br />
zu entgehen. Dieser ist die politische Form des Nichtstaates, die Gestalt gewordene<br />
"absolute Gesellschaft". Diese unterminierte in nicht vorgesehenem<br />
Umfange die Verfassungsordnung der BRD, welche hier nur korrekt als freiheitliche<br />
demokratische Grundordnung bezeichnet wird und staatsrechtlich<br />
eine parlamentarischen Republik ist. Der Vergleich zwischen den Ansprüchen<br />
der Grundgesetztheorie und der Verfassungswirklichkeit fällt für den Bonner<br />
Parlamentarismus verheerend aus. Das als ausgewogen konzipierte Konzept des<br />
Grundgesetzes ist von den Parteien als Großmächten der absoluten Gesellschaft<br />
in einem Ausmaße verfremdet worden, welches die Verfassungswirklichkeit<br />
insgesamt verfassungswidrig erscheinen läßt. Eine ganze Reihe der Idee der<br />
Verfassung nach unverzichtbarer Verfassungsprinzipien ist durch ihre nicht<br />
vorgesehene Übermacht wirkungslos geworden.<br />
Die FdGO wurde vom Bundesverfassungsgericht aus dem Grundgesetztext<br />
abgeleitet und in ihren Einzelmerkmalen rechtsverbindlich definiert als eine<br />
"Ordnung, die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine<br />
rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung<br />
des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und<br />
Gleichheit darstellt. Zu ihren Grundprinzipien sind mindestens zu rechnen die<br />
Achtung vor den Menschenrechten, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung,<br />
die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung,<br />
die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die<br />
Chancengleichheit der Parteien mit dem Recht auf ungehinderte Ausübung der<br />
Opposition." 220 Diese Grundordnung funktioniert in Kernbereichen nicht mehr.<br />
Warum es im parlamentarischen Parteienstaat keine Gewaltenteilung im eigentlichen<br />
Sinn gibt, wurde oben schon dargestellt. Auch mit anderen Wesensmerkmalen<br />
dieser Ordnung sieht es heute schlecht aus:<br />
219 E.J. Jung, Die Herrschaft der Minderwertigen, S.269.<br />
220 BVerfG, Amtliche Entscheidungssammlung (BVerfG E) 2, S.12; 5,199 (206).