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pdf-Version - Klaus Kunze

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möglichst alle Angehörigen des Volkes zu wählen, nicht hingegen nur eine<br />

Teilgruppe oder gar Fremde.<br />

Durch Ausschaltung dieses Gemeinwohlbegriffs ist die BRD heute die<br />

institutionalisierte Arena aller derer, die sich machtvoll organisieren und die<br />

Unorganisierbaren als ihre Schäfchen in den troc??kenen Pfründenpferch treiben<br />

können. Es herrscht das Gesetz des ökonomisch Stärkeren und Listigeren.<br />

Wie sagte schon Carl Schmitt: Heute - 1923 also - erscheine das Parlament<br />

selbst als riesige Antichambre vor den Büros oder Ausschüssen unsichtbarer<br />

Machthaber. Die Selbstrechtfertigung dieses Systems läßt sich vereinfacht auf<br />

die vulgärliberale Behauptung reduzieren, die Resultante des Interessendrucks<br />

sei identisch mit dem Gemeinwohl. Der inneren Logik des Liberalismus<br />

folgend soll das zuallererst auf ökonomischem Gebiet gelten. Einer<br />

Nachprüfung hält diese These allerdings nicht stand 336 und erweist sich als<br />

ideologisches Vorurteil: Es führt bereits das Mit- und Gegeneinander der<br />

Parteien und Verbände keineswegs zu einer höheren Harmonie und Ausgewogenheit.<br />

"Mit Theodor Eschenburg gilt: 'Was nicht organisiert ist, ist ungeschützt.'<br />

Der Druck der organisierten Kräfte ist deshalb auch in der Summe<br />

alles andere als ausgewogen. Dieses Ungleichgewicht infiziert die gesamte<br />

politische Willensbildung. Die organisationsstarken Verbände haben nicht nur<br />

im Wege der Tarifautonomie direkte Rechtsetzungsmacht, sondern mittels<br />

Geld, Sachverstand und Wählerstimmen auch Einfluß auf die Politik." 337<br />

Wir haben gesehen, daß es in der Natur jedes einzelnen Menschen einen offenbar<br />

arterhaltenden und deshalb angeborenen Antrieb gibt, zunächst sein eigenes<br />

Wohl zu fördern und das der Allgemeinheit als für die Existenz des Individuum<br />

sekundär wichtig hintanzustellen. Wir haben uns auch mit letztlich darauf<br />

zurückführbaren inneren Gesetzmäßigkeiten jeder politischen Organisationsbildung<br />

befaßt; sie neigt zu oligarchischen Herrschaftsstrukturen und unterliegt<br />

der Tendenz zur Verselbständigung und Verfestigung. Das Zusammenwirken<br />

beider Faktoren, des natürlichen menschlichen Egoismus und des u.a. aus<br />

dem Dominanztrieb folgenden ehernen Gesetzes der Oligarchisierung, führt<br />

zwangsläufig nach einiger Zeit zu feudalen Herrschaftsstrukturen. Anstatt das<br />

Wohl der Allgemeinheit durchzusetzen, bilden die Herrschenden kleine Machtgruppen<br />

zur Förderung des Wohles ihrer Mitglieder. Von ursprünglich politischem<br />

Wollen denaturieren sie mit der Zeit zu ökonomisch motivierten Kartellen<br />

zur Verteilung von Posten und Pfründen und werden zu eigenwirtschaftli-<br />

336 Dagegen ebenso: Arnim, Wenn der Staat versagt, FAZ 13.7.1993.<br />

337 Arnim, Hat die Demokratie Zukunft? FAZ 27.11.1993.

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