28.10.2013 Aufrufe

pdf-Version - Klaus Kunze

pdf-Version - Klaus Kunze

pdf-Version - Klaus Kunze

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

120<br />

___________________________________________________________<br />

auf das Interesse der eigenen Generation und durch das fehlende Bewußtsein<br />

für die Verantwortung gegenüber unserer Nachkommenschaft. 421<br />

Der Liberale hat kein Lösungskonzept für Fragen der Identität, des Wunsches<br />

der meisten Deutschen, für sich und ihre Nachkommen ein Leben im Einklang<br />

mit ihren überlieferten Vorstellungen und Traditionen führen zu wollen;<br />

ein Leben, in dem nicht die Heimat zur Fremde wird. Das alles interessiert den<br />

Liberalen überhaupt nicht. Ebenso schwerhörig ist er, wenn es um die Erhaltung<br />

der natürlichen Lebensgrundlagen unserer Umwelt geht. Staatliche<br />

Einschränkungen unternehmerischer Freiheit? So wenig wie möglich! Die eigennützige<br />

Vermehrung seines Geldes gilt ihm mehr. Daß mit jedem Zuwanderer<br />

nach Deutschland weiterer Straßenbedarf entsteht, Wohnraum und Infrastruktur<br />

geschaffen werden müssen, ist ihm willkommen und erfreulich, weil es<br />

das Bruttosozialprodukt fördert. So dürfen wir von ihm Antworten immer nur<br />

im Rahmen seines gedanklichen Koordinatensystems erwarten. Dessen Eckpunkte<br />

sind die Abwehr alles dessen, was er als staatliche Bevormundung<br />

fürchtet, und die einzige für ihn interessante Zukunftsfrage lautet, wer dereinst<br />

einmal seine Rente zahlen wird.<br />

Alle diese Feststellungen sind nicht nur aus der Theorie des Liberalismus<br />

abgeleitet, sie entsprechen auch genau den Beobachtungen, die wir als Bürger<br />

dieses Staates in den vergangenen Jahrzehnten machen durften; denn so lange<br />

schon sitzen liberale Fundamentalisten in Gestalt der FDP in jeder Bundesregierung,<br />

flankiert von mehr oder weniger liberalen Politikern der beiden<br />

Großparteien mit ein wenig sozialer oder christlicher Tünche. Das innere Wesen<br />

der Bundesrepublik ist ebenso wie ihr äußeres Erscheinungsbild tief durch<br />

den Liberalismus geprägt. So erklärt sich ein jahrelanger, scheinbar unerklärlicher<br />

Drang zur "Mitte". Diese ist das typisch liberale Wertevakuum: Während<br />

die Gedanken der Linken hauptsächlich um das Problem der Gleichheit kreisen,<br />

die mit universalistischen Gedankenentwürfen angestrebt wird, und während<br />

sich die Sorgen der Rechten um die Bewahrung der Unterschiedlichkeit und um<br />

Konzepte zu ihrer Erhaltung bewegen, kreist und bewegt sich beim Liberalen<br />

gar nichts. Lösungsstrategien für Fragen, die er gar nicht versteht, kann er auch<br />

nicht entwic??keln. Sein Schlachtruf lautet nur: Weiter so, Deutschland!<br />

Im Parlamentarismus sieht er die politische Form, die universalistische<br />

Gleichheit und die partikulare Besonderheit miteinander in einem austarierten<br />

Gleichgewicht zu halten. Keines dieser Prinzipien soll das andere völlig<br />

421 Konrad Adam, FAZ 3.9.1992.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!