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pdf-Version - Klaus Kunze

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Hier will der moderne Etatismus direkt an das historische Modell des Absolutismus<br />

als Gegenmodell zur Vergesellschaftung des Staats anknüpfen. Während<br />

die etatistischen Denker der Gegenwart sich einig in ihrer Ablehnung sind,<br />

ist es nicht immer leicht, ein konkretes Bild von dem zu gewinnen, was ihnen<br />

statt des gegenwärtigen Zustandes vorschwebt. Sicher ist aber: Das Gemeinwesen<br />

soll in Richtung auf mehr Gemeinwohlorientierung hin bewegt werden.<br />

Diese erhofft man sich von einem starken Staat als Sachwalter des Allgemeinen<br />

gegen die Partikularinteressen; daher werden starke Institutionen für unverzichtbar<br />

gehalten, Trennung von Staat und Gesellschaft sowie ein staatsbürgerliches<br />

Ethos, in dem "Disziplin, Dienen und Einordnen mit Toleranz, Bescheidenheit<br />

und Sittlichkeit verschmelzen." 497<br />

Daher wird "starker Staat", ganz anders als in der liberalen Zerrvorstellung<br />

vom starken Staat, gerade als Vorbedingung individueller Freiheit verstanden.<br />

Was uns heute von liberaler Seite mit warnend erhobenem Zeigefinger als abschreckendes<br />

Beispiel für einen "starken Staat" vorgehalten wird, nämlich die<br />

Herrschaft eines "starken Mannes" von 1933 bis 1945, war aus Sicht der Etatisten<br />

das genaue Gegenteil: ein schwacher, ohnmächtiger Staat unter der Kuratel<br />

einer totalitären Partei. So bringt Sander die von der Mehrparteiengesellschaft<br />

eroberte BRD und das von einer Einheitspartei eroberte Dritte Reich auf den<br />

gemeinsamen Nenner der Unstaatlichkeit: "Jedenfalls erwiesen sich alle Versuche,<br />

die Bundesrepublik, die nie ein Staat gewesen ist, zur Staatlichkeit zu<br />

überreden, nicht minder fruchtlos, als die Experimente von 1933/34, das Dritte<br />

Reich, das eine überkommene Staatlichkeit in sich verschlang, zum Staat zu bekehren."<br />

498<br />

Und wenn von liberaler Seite weiter entsetzt abgewehrt wird, ein starker<br />

Staat müsse zum Verlust individueller Freiheit führen, kontern Etatisten mit<br />

dem Hinweis auf den jetzigen Zustand bundesdeutscher Geistesfreiheit: Tatsächlich<br />

lastet heute die öffentliche Meinung über unserem Gemeinwesen wie<br />

ein geschlossener Alptraum. Die Herrschaft des bekannten Meinungsmonopols<br />

ist so unangefochten, daß es ausscherende Organe immer wieder unter jenen<br />

Alibizwang setzt, aus dem sie nicht die volle Wahrheit wagen oder sich unbequemer<br />

Mitarbeiter entledigen." 499 "Dabei ist die Spannweite dessen, was ohne<br />

Sanktionen gesagt und gedacht werden kann, seit den fünfziger Jahren permanent<br />

reduziert worden. 1955 etwa erschien das Buch von Winfried Martini,<br />

497 Wolfgang Venohr, Der Öko-Staat kommt bestimmt.<br />

498 Sander, Die selbstgefesselte Jurisprudenz, Criticón 1979,127.<br />

499 Sander, Criticón 1976, 213.

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