pdf-Version - Klaus Kunze
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das Fraktionsgesetz. Wie beim Pegelstand eines Systems kommunizierender<br />
Röhren legen sie hier zu, was sie sich dort an Zuwächsen verkneifen müssen.<br />
Wo offen von Parteien gedruckte Wahlreklame nicht mehr verfängt, tarnen<br />
die Parteien, wenn sie gerade an der Regierung sind, ihre Werbung gern als<br />
"staatliche Öffentlichkeitsarbeit." Wir finden die Reklame für ihre Positionen<br />
dann unter "Der Minister für xyz informiert" oder ähnlich neutral klingenden<br />
Namen im Briefkasten. Die in solcher quasi amtlicher Form versteckte Parteiarbeit<br />
besitzt einen scheinbaren Bonus an Objektivität und Glaubwürdigkeit. 229<br />
Dies hatte bis zum Urteil vom 9.4.1992 auch das Bundesverfassungsgericht als<br />
propagandistisches Mittel der jeweiligen Regierung zur Machterhaltung durchschaut.<br />
Es wollte verhindern, daß Parteipropaganda im Regierungsgewand die<br />
Mechanismen demokratischer Willensbildung außer Kraft setzt und einen<br />
Machtwechsel verhindert: "Die Öffentlichkeitsarbeit darf nicht durch Einsatz<br />
öffentlicher Mittel den Mehrheitsparteien zu Hilfe kommen oder die Oppositionsparteien<br />
bekämpfen. Dies wäre mit den Grundsätzen eines freien und offenen<br />
Prozesse der Meinungs- und Willensbildung des Volkes und der Gleichberechtigung<br />
der politischen Parteien nicht vereinbar." 230 Tatsächlich ist die<br />
Staatsfinanzierung heute der Hauptfaktor ihres Machterhalts. Da die 5%-<strong>Klaus</strong>el<br />
ihren Dienst nur noch ungenügend leistet, soll die kraß ungleiche Ausstattung<br />
mit Finanzmitteln das erwünschte Ergebnis bringen. 231<br />
Spätestens hier muß der Medienbereich ins Blickfeld rücken. Er bildet als<br />
Instrument der Herrschaftstechnik einen Eckpfeiler der Parteienmacht. Schon<br />
quantitativ stellt er alle Möglichkeiten weit in den Schatten, durch gedruckte<br />
Wurfsendungen Parteireklame zu machen. Einen "gewaltigen Hebel zur Eroberung,<br />
Wahrung und Kräftigung der Herrschaft über die Massen" nannte Michels<br />
bereits 1911 die Presse, 232 als das noch suggestivere Fernsehen und die<br />
Kunst ideologischer Agitation noch nicht einmal erfunden waren. "Die Verfassung<br />
und der Gesetzgeber haben" die Medien "im Interesse der Durchschaubarkeit<br />
staatlicher Machtausübung mit nahezu unbegrenzten Rechten<br />
ausgestattet." 233 Nach Untersuchungen leiten 30% der Wahlberechtigten ihre<br />
politische Meinung direkt aus dem Fernsehen ab. "Eine kontinuierliche Beeinflussung<br />
der politischen Meinungsbildung über Jahre hinweg kann die<br />
229 Kutscha/Engelbert, NJW 1993, 1233 (1235).<br />
230 BVerfG E 44, 125 (150) = NJW 1977,751.<br />
231 Schrenck-Notzing, Interview in: Junge Freiheit 12/1993, S.3.<br />
232 Michels, Soziologie, S.125.<br />
233 Walter Schmitt Glaeser, Wem nützt das? FAZ 24.5.94.<br />
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