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pdf-Version - Klaus Kunze

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fluß auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen. Abweichend von seiner<br />

bisherigen Rechtsprechung erklärte das Gericht 1992 erstmals eine Basisfinanzierung<br />

der Parteien bis zu einer Staatsquote von 50% für verfassungsgemäß.<br />

Neuerdings dürfen die Parteien also ganz offen ihre allgemeine Parteiorganisation<br />

staatlich bezahlen lassen und werden damit von staatlich ausgehaltenen<br />

Kanzlerwahlvereinen faktisch zu einem Teil der Obrigkeit - und führen sich<br />

gegenüber dem Bürger und konkurrierenden Parteien entsprechend auf.<br />

Die Theorie, das liberale Repräsentativsystem könne sich durch finanzielle<br />

Selbstbeschränkung der Parteien selbst stabilisieren, verkennt die grundlegende<br />

Bedeutung des Zugriffs der Parteien und ihrer Vertreter auf die Staatsfinanzen.<br />

Die naiv-optimistische Idee, die Nutznießer eines Systems könnten freiwillig<br />

den Ast absägen, auf dem sie bequem sitzen, widerspricht aller Erfahrung.<br />

Schon Proudhon hatte beobachtet, daß die Volksvertreter, sobald sie in Besitz<br />

der Macht gelangt sind, sofort ihre Macht zu stärken und auszubauen beginnen,<br />

ihre Stellung unaufhörlich mit neuen Schutzmaßregeln umgeben und sich von<br />

der Botmäßigkeit gegenüber den Vertretenen endgültig zu befreien suchen. 433<br />

Diese Befreiung ist ihnen im selbstreferentiellen Bonner System vollständig gelungen,<br />

weil dieses nur noch seinen eigenen Gesetzen - ihren Gesetzen! - gehorcht.<br />

Eine Chance, dieses System zu reformieren, besteht daher nur an den<br />

Parteien und Parlamenten vorbei, 434 die seine Nutznießer sind.<br />

Strukturelle Erneuerung der politischen Führung<br />

Es mangelt auch nicht an wohlmeinenden Ratschlägen, daß die Parteien die<br />

Symptome der Ämter- und Mandatshäufung reduzieren und den Elitenaustausch<br />

vorantreiben sollten. An klaren und konkreten Konzepten, wie die Parteien<br />

dieses Traumziel denn aus sich selbst heraus erreichen könnten, fehlt es<br />

indessen. "Auffallend ist außerdem, daß die Parteiforschung die schon länger<br />

geführte Reformdebatte kaum analytisch begleitet." 435 Hilflos werden an die<br />

Politiker gerichtete Forderungskataloge mit den schönsten Wünschbarkeiten<br />

vorgelegt: Die Parteien dürften nicht mehr alle Lebensbereiche kolonisieren,<br />

müßten sich der Gesellschaft öffnen, und die Orientierung der Politik an "Ge-<br />

433 Proudhon a.a.O., Les confessions, S.132.<br />

434 Arnim, Ein demokratischer Urknall, S.35 (37).<br />

435 Leif, Hoffnung auf Reformen, S.24 (32/33).

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