pdf-Version - Klaus Kunze
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Anhängern wie Sand unter den Händen zerrann, als sie praktisch angewendet<br />
werden sollte. Die fortschreitende Verelendung der Proletariermassen, die Revolution<br />
zuerst im entwickeltsten Industrieland, der Übergang von der Revolution<br />
über den Sozialismus in den klassenlosen und staatlosen Kommunismus,<br />
die Überlegenheit über den Kapitalismus, die Aufhebung der "Entfremdung" -<br />
auf all das hat man hundert Jahre lang vergeblich gewartet. Niemand kann<br />
tiefer fallen, als der umjubelte Prophet, dessen Prophezeiung nicht eintrifft.<br />
Wie immer, wenn ein großes Gebäude zusammenbricht, geht das nicht ohne<br />
viel aufgewirbelten Staub ab. Die ideologischen Versatzstücke der extremen<br />
Linken verwehen heute wie eine große Dreckwolke. Sie haben in sich keinen<br />
Halt mehr, aber ideologisch heimatlos gewordene linke Nostalgiker klammern<br />
sich an sie. Da wäre z.B. die Mär von den "humanistischen Idealen" jener<br />
Diktatur des Proletariats, die in den 70 Jahren ihrer Existenz zwischen 40 und<br />
100 Mio. Gegner umgebracht hat. Auch das seit der französischen Revolution<br />
umgehende Gespenst der "egalité" ist noch nicht gebannt, obwohl in jedem real<br />
existierenden Sozialismus immer einige wenige noch "gleicher als die anderen"<br />
waren und die Gleichheit aller übrigen sich gewöhnlich als Gleichheit in Unterdrüc??kung,<br />
Not, Verzweifelung und im Schlangestehen entpuppt hat. Solange<br />
noch irgendwo auf der Welt ein Buschmann oder Indio nicht "gleich" ist,<br />
solange noch irgendwer "privilegiert" ist, wird ein eingefleischter Linker von<br />
jener merkwürdigen Unruhe umgetrieben werden, die im Neid ihren tiefsten<br />
Grund hat.<br />
So gibt es nach der Implosion der marxistisch-leninistischen Dogmatik kein<br />
in sich geschlossenes linkes Konzept mehr, sondern nur noch umherwabernde,<br />
tiefsitzende Ressentiments, die mal hier über linken Stammtischen ausbrechen,<br />
mal da bei einer autonomen Demo handfesten Ausdruck finden, immer aber in<br />
den geschlossenen Gesellschaften und in sich abgekapselten Zirkeln zu finden<br />
sind, die sich um marxistische Lehrstuhlinhaber an den Universitäten gebildet<br />
haben, in den verhaschten Szenekneipen des grünen Milieus, an den Hebeln<br />
und Mikrofonen der Macht des Medienstaates und hinter den Kathedern unserer<br />
Schulen. Kurz: überall da, wo man von den Sorgen und Ängsten der arbeitenden<br />
Normalbürger nichts weiß.<br />
Alles das sei den Linken verziehen, ja selbst ihr rabiater Antifaschismus,<br />
den sie als integratives Moment ihrer zerfallenden Strukturen ebenso brauchen,<br />
wie die Rechte ihre Feindbilder pflegt. Unverzeihlich ist aber jene geistige<br />
Einöde, die der gefallene linke Dogmatismus hinterlassen hat. Die Kinder der<br />
Alt-68er sind so humorlos wie ihre schmalbrüstige Ideologie witzlos. Wo jene