pdf-Version - Klaus Kunze
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System seien hier eine falsche Therapie." 113 Diese Ausrede ist so falsch wie die<br />
Behauptung aus der Endphase des real existierenden Sozialismus, eigentlich sei<br />
die Idee ja schön gewesen - nur die SED und ihre Führer seien ihr leider<br />
menschlich nicht gewachsen gewesen. Es gab aber keinen wirklich anderen als<br />
den real existierenden Sozialismus, und ebenso hatten und haben andere<br />
Parlamentarismen in allen Ländern mit denselben Strukturproblemen zu<br />
kämpfen wie der unserer.<br />
Diese Schwierigkeiten hatten schon 1985 die Juristen der Staatsrechtslehrertagung<br />
unter die Lupe genommen und die Tagung unter ein Carl Schmitt entlehntes<br />
Motto gestellt: "Parteienstaatlichkeit - Krise des demokratischen Verfassungsstaates?"<br />
Sie befanden, daß die derzeitige Situation des Parteienstaats<br />
und seine Krise des Repräsentativsystems Anlaß zu größter Besorgnis seien, 114<br />
womit sie auf die Problematik des Parlamentarismus anspielten. Von einer<br />
Krise der Demokratie hatten sie mit Recht nicht gesprochen. Bereits Carl<br />
Schmitt hatte die Krise der Demokratie von der des modernen Staates und der<br />
des Parlamentarismus unterschieden 115 und die Krise des letzteren darin<br />
erkannt, daß seine axiomatischen Grundprinzipien nicht funktionieren: Diese<br />
sind die Willensbildung in öffentlicher Diskussion und die Gewaltenteilung. So<br />
stellt sich die Geschichte des Parlamentarismus im 20. Jahrhundert als eine<br />
fortwährende Krise dar: von Carl Schmitts Krisenanalyse schon 1923 bis hin zu<br />
v.Arnims Diktum von 1995 über die "Legitimationskrise des<br />
Parlamentarismus". 116<br />
Die Wahrheitsfindung in öffentlicher Diskussion<br />
Ein typisch liberales Ordnungsprinzip ist das der Balance. In aufklärerischer<br />
Tradition will der Liberale überall eine ausbalancierte Vielheit schaffen und erhofft<br />
sich aus der Ausbalancierung der Kräfte eine höhere Harmonie. Im politischen<br />
Raum führt dieses Prinzip zur Idee des Parlaments. Seine Ratio liegt in<br />
113 Schiedermair, Hände weg vom Grundgesetz, S.17 (20), ist Professor für öffentliches Recht in<br />
Köln. Der Aufsatz erschien in "Die politische Meinung", dem Organ der Konrad-Adenauer-<br />
Stiftung der CDU.<br />
114 Vgl. Vierhaus S.464, S.472 m.w.N.<br />
115 Carl Schmitt, Die geistesgeschichtliche Lage, S.13, 21.<br />
116 v.Arnim, "Der Staat sind wir", S.112.