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pdf-Version - Klaus Kunze

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mus, dessen jeweils bestorganisierte und stärkste Formationen mühelose<br />

Triumphe über die nicht Organisierten und Schwachen feiern können. 205 Kapitalstarke<br />

und wohlorganisierte Interessengruppen wurden zu Nutznießern dessen,<br />

was der Liberale unter Freiheit versteht: der Freiheit nämlich, ohne<br />

sittliche Schranken und ohne Beachtung des Wohles Aller die Armen und<br />

Schwachen durch die Macht rein ökonomischer Gesetze zu beherrschen. Alle<br />

vom Staate behüteten sittlichen Schranken suchen sie niederzureißen und den<br />

Einzelnen zu "emanzipieren", loszulösen von allen ihn schützenden Bindungen<br />

an das Ganze, damit er umso leichter zur Beute des Partikularen werden kann.<br />

Deutschland leidet unter dem nachhaltigen Einfluß der Normen des Managertums<br />

der Privatindustrie auf die Parteifunktionäre. Es stellt sich bereits die<br />

Frage, ob die Parteien von einem zahlenmäßig kleinen, aber äußerst finanzstarken<br />

Teil der Gesellschaft kolonialisiert werden, von Kapitaleignern und<br />

Managern nämlich und von deren Verbänden. 206<br />

Aber nicht nur ökonomische und sozialpolitische Gründe erfordern die<br />

Trennung von Staat und Gesellschaft. Diese neuzeitliche Trennung hatte nicht<br />

zuletzt den für unkonventionelle Geister angenehmen Nebeneffekt, daß<br />

zunehmend gesagt und gedruckt werden durfte, was immer man dachte. Jeder<br />

konnte nach seiner Façon selig werden. Erst bei der staatsfeindlichen Handlung<br />

wurde der säkularisierte Staat repressiv. Diese Freiheit des Denkens geriet im<br />

20. Jahrhundert zunehmend in Gefahr. Unser Jahrhundert bietet rückblickend<br />

das Schauspiel des Aufstiegs und Zerfalls zweier ideologischer Großsysteme,<br />

die in ihrem totalitären Anspruch in nichts hinter historischen Formen fanatischen<br />

Christentums und seinen Ketzerverfolgungen zurückblieben. Die<br />

Jahrzehnte des geistigen und blutigen Weltbürgerkriegs der Großideologien<br />

haben auch bei ihrem politischen Gegner Spuren hinterlassen: dem Liberalismus<br />

als siegreichem Erben des linken und des rechten sozialistischen<br />

Totalitarismus. Mit dem Liberalismus des 19. Jahrhunderts, seinem bürgerlichkapitalistischen<br />

sozialpolitischen Ursprung und seiner Beschränkung auf das<br />

Einfordern staatsfreier Räume und bürgerlicher Freiheiten hat der heute herrschende<br />

Linksliberalismus nur noch die historischen Wurzeln gemein.<br />

Der historische Altliberalismus hatte gegen den historischen Konservativismus<br />

größten Wert auf die Trennung von Staat und Gesellschaft gelegt, um dem<br />

bürgerlichen Individualismus einen Freiheitsraum zu öffnen. Wo hingegen<br />

Staat und Gesellschaft eins sind, kann sich niemand der Einheit von Privatem<br />

205 Vgl. Carl Schmitt, Der Leviathan, S.116 ff., 127.<br />

206 Stubbe-da Luz, Parteiendiktatur, S.62, 51.

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