pdf-Version - Klaus Kunze
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Malheur irgendwelchen Dunkelmännern in die Schuhe schieben. Soziologisch<br />
beschreibbar und real sind aber jene unliebsamen Parteioligarchien, gegen deren<br />
Giftdämpfe das Plebiszit nach den Worten Robert Michels das beste<br />
Heilmittel ist. Solche Machtcliquen und andere gruppenegoistischen Partikularinteressen<br />
beruhen gerade auf dem strengen Repräsentationsprinzip und können<br />
sich umso weniger durchsetzen, je mehr direktdemokratische Elemente eine<br />
Verfassung enthält. 627<br />
Von kaum zu überschätzender Bedeutung ist die Verbesserung des ganzen<br />
innenpolitischen Klimas in einem Staat, dessen Bürger und Repräsentanten<br />
stets in dem Bewußtsein leben, die Vertretenen könnten ihre Vertreter jederzeit<br />
aus ihren Luftschlössern mit dem Stimmzettel auf den Boden der Tatsachen<br />
herabholen. Allein schon das Bewußtsein der Repräsentanten, vom Volk jederzeit<br />
in der Sache korrigiert werden können, würde allzu bürgerferne Projekte<br />
verhindern. 628 Natürlich sollen die Bürger nicht alles und jedes entscheiden<br />
müssen: Es ist ja gerade der Sinn des Plebiszits, die Parlamentarier dazu zu<br />
zwingen, im Sinne der Bürger und nicht verbohrter Ideologen oder mächtiger<br />
Interessenten zu handeln. Soweit sich das Politikerhandeln mit dem Mehrheitswillen<br />
deckt, darf erwartet werden, daß keine ausreichende Zahl von Bürgern<br />
Anstoß nimmt und einen Volksentscheid begehrt. Im Grundsatz ist von dem<br />
oben dargestellten dreistufigen Aufbau des Rechtes zum Erlaß aller konkreten<br />
( Regierungsentscheide oder Volksentscheide in Regierungsfragen) und aller generellen<br />
Regelungen ( Gesetze und Rechtsverordnungen) auszugehen. Danach<br />
steht das Parlament über der Regierung und das Volk über dem Parlament.<br />
Einen ähnlichen dreigliedrigen Aufbau der Gesetzgebungskompetenz sieht<br />
die Verfassung des Landes Brandenburg vom 22.4.1992 629 vor: Auf gesetzliche<br />
Ermächtigung des Parlaments hin kann die Landesregierung Recht setzen,<br />
soweit dieses nicht von gesetzlichen Vorgaben des Parlaments abweicht. Die<br />
auch in den westlichen Bundesländern übliche Rechtsverordnung ist eine abstrakt-generelle<br />
Regelung, also Recht im materiellen Sinne. Über dem parla-<br />
627 Thomas Mayer, ZRP 1993, S.330 ff., 333.<br />
628 In diesem Sinne sprach sich auch Bernd Guggenberger auf der Fachtagung der Deutschen<br />
Gesellschaft für Gesetzgebung des Landtages NRW am 27.2.1991 für Plebiszite aus; vgl. ZRP<br />
1992, S.27; ebenso vor allem mit Blick auf die Staatsfinanzierung der Parteipolitik: Arnim, Die<br />
Partei, der Abgeordnete und das Geld, a.a.O., S.292; ders. in: Staatslehre der Bundesrepublik<br />
Deutschland, 1984, S.512 ff.; ebenso Thomas Mayer,ZRP 1993, S.330 ff., Fn.312.<br />
629 Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg 1992 I S.100 (132).