pdf-Version - Klaus Kunze
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sungsschutz in eine Gefängnismauer gesprengte Celler Loch noch in allgemeiner<br />
Erinnerung. 280<br />
Der Zugriff auf die Rechtsprechung<br />
Die Realität des totalen Parteienstaates und seines direkten Zugriffs auf die<br />
Gewalten machte auch die Rechtspflege zum begehrten Objekt sowohl derer,<br />
die sich in den Besitz der Rechtsprechung setzen wollen, um mit ihrer Hilfe die<br />
gesellschaftliche Ordnung zu verändern, 281 als auch derer, die sie zur Stabilisierung<br />
ihrer Herrschaft benötigen. Die Justiz ist heute Teil des Systems, 282 was<br />
schon aus der Anwendung des vom Bonner Establishment gemachten Gesetzesrechts<br />
folgt. Vor allem aber unterliegt die Justiz dessen personellem Zugriff.<br />
Bei ihrer parteipolitischen Durchdringung sündigen alle Parteien in einem<br />
Ausmaß, das selbst der sozialdemokratische ehemalige Präsident des OLG<br />
Braunschweig, Rudolf Wassermann, nicht mehr hinnehmbar findet. Nicht mehr<br />
das Leistungsprinzip des Art.33 GG gilt, sondern "außerdienstliche Aktivitäten".<br />
283 "Die Günstlingswirtschaft erzeugt zwangsläufig einen Geist in der<br />
Justiz, der sich der Politik und den Parteien verpflichtet fühlt." 284 Wer sich<br />
nicht genug verpflichtet fühlt, versündigt sich als Richter nicht ungestraft gegen<br />
diesen Geist: Als das Landgericht Mannheim im August 1994 den NPD-<br />
Vorsitzenden Deckert zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilte und die<br />
Urteilsgründe bekannt wurden, warfen Parteivorsitzende, unter ihnen auch der<br />
Bundeskanzler, dem Gericht vor, es habe zu viel Verständnis für die Motive des<br />
Verurteilten durchblicken lassen. Das veranlaßte den Kammervorsitzenden<br />
Richter Dr.Müller eilig zu einem von dpa verbreiteten öffentlichen Entschuldigungsschreiben,<br />
in dem er durch seinen Rechtsanwalt beflissen Selbstkritik<br />
übte und flehentlich darauf verwies, er sei doch "seit über 25 Jahren<br />
Mitglied der ältesten deutschen demokratischen Partei" (also der SPD). Der anbiedernde<br />
Hinweis hat dem Ärmsten indessen nicht genützt: Seine Partei-<br />
280 Auf diese Zusammenhänge weist kritisch hin auch Gössner, Frankfurter Rundschau<br />
26.1.1994.<br />
281 Zitscher, Ämterpatronage, ZRP 1991, 100 (103).<br />
282 Erwin Scheuch, in: Europa vorn a.a.O., Nr.29 v.15.3.1992, S.2.<br />
283 Zitiert nach Zitscher a.a.O. ZRP 91,103.<br />
284 Schmidt-Hieber/Kiesswetter, NJW 1992, 1790.