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pdf-Version - Klaus Kunze

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___________________________________________________________<br />

chen Interessengruppen; ein dem schon in der Antike bekannten Verfall der<br />

Aristokratie zur Oligarchie vergleichbarer Vorgang. Auf den ökonomischen<br />

Sektor herabgesunken, treffen sich die oligarchischen Grüppchen mit den dort<br />

ohnehin schon vorhandenen Sonderinteressengruppen, mit denen sie personell<br />

von Anfang an teilidentisch sein können. 338 So erzeugen die Alleingeltung des<br />

Ökonomischen und das blinde Walten seiner Gesetze in einer vom Liberalismus<br />

beherrschten Gesellschaft einen "modernen Feudalismus" 339 , der die<br />

Armen schlimmer unterdrücken kann als sein wenigstens noch von christlichen<br />

Sittlichkeitsideen begleiteter mittelalterlicher Vorgänger.<br />

Der im politischen Raum festzustellenden Gegensatz zwischen dem Allgemeinwohl<br />

und den Einzelinteressen findet seine verblüffende systematische<br />

Entsprechung in volkswirtschaftlichen Untersuchungen, die sich die Frage nach<br />

der Gemeinverträglichkeit eigennütziger Intererssenorganisation gestellt haben.<br />

Die Mechanismen der Förderung des eigenen Wohls und die Organisationenbildung<br />

zur Durchsetzung von Gruppeninteressen gegen das Allgemeinwohl<br />

wirken sich volkswirtschaftlich in derselben Weise aus wie im politischen Bereich.<br />

Während diese Wirkungszusammenhänge im Politischen den Handlungsspielraum<br />

einengen und zu mangelnder Vertretung des Gemeinwohls zugunsten<br />

von Sonderinteressen führen, 340 haben sie im Ökonomischen eine entscheidende<br />

Minderung von Wachstum und Effizienz der Volkswirtschaft zugunsten<br />

kleinerer Vorteile von Einzelinteressen zur Folge.<br />

Amerikanische Ökonomen, namentlich Mancur Olson, kamen diesen Gesetzmäßigkeiten<br />

durch die Erforschung der Gründe für sogenannte Wirtschaftswunder<br />

auf die Spur. Wie es häufig ist, fanden sie hinter einem scheinbaren<br />

Wunder ein allgemein wirkendes Gesetz. Das Wunder hatte darin bestanden,<br />

daß die Volkswirtschaften verschiedener Staaten seit Beginn der Industrialisierung<br />

auffällig unterschiedliche Wachstumsraten aufwiesen. Während England<br />

im 19. Jahrhundert noch einen extrem hohen Zuwachs erwirtschaftete, ließ dieser<br />

bis in unsere Tage immer weiter nach. Deutschland dagegen war in der<br />

ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts arm, holte aber nach der Gründung des<br />

Zollvereins und 1871 des Deutschen Reiches so schnell auf, daß es um 1914<br />

338 Ein großer Teil der Spitzenfunktionäre der Parteien sitzt in Aufsichtsräten von Großunternehmen<br />

oder in Führungspositionen von Gewerkschaften; vgl. Scheuch, Cliquen, S.51, 42 ff.<br />

339 Das fiel so schon 1837 der Zeitung Berliner Politische Woche ("Der moderne Feudalismus",<br />

in: Nr.23) auf; zit. nach Kondylis, Konservativismus, S.363.<br />

340 Hornung, Criticón 1979,306 (307).<br />

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