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pdf-Version - Klaus Kunze

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190<br />

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Grundprämisse des modernen Liberalismus war danach die, das Gemeinwohl<br />

als bloße Resultante des innergesellschaftlichen Interessendrucks anzusehen.<br />

Die Balance zwischen den wechselseitigen Interessen führt eben tatsächlich<br />

nicht zu einer Art höherer Harmonie. Dieses Modell läßt sich mit dem Prinzip<br />

der Interessenrepräsentation aus dem Grund nicht in vollständigen Einklang<br />

bringen, weil es die innergesellschaftlichen Umverteilungsinteressen fälschlich<br />

für die einzigen zu repräsentierenden Interessen hält. Jeder einzelne hat aber<br />

zwei Seelen in seiner Brust: 589 Er hat ein Interesse an einem möglichst großen<br />

Anteil an den volkswirtschaftlich verfügbaren Gütern, der im Geldzeitalter seinem<br />

innergesellschaftlichen Rang entspricht; zugleich aber auch ein Interesse,<br />

das sich spezifisch auf den unbeschädigten Fortbestand des Ganzen gegen alle<br />

Teilkräfte als solche und gegenüber anderen Ganzheiten richtet, also gegenüber<br />

anderen Staaten. Es geht also um Interessen von grundsätzlich zweierlei Natur.<br />

Es gilt die "durch den Staat organisierte homogene Volksgesamtheit" durch<br />

andere Repräsentanten zu vertreten als die Gesellschaft in ihrer<br />

wirtschaftlichen, regionalen, weltanschaulichen und politischen<br />

Zersplitterung. 590<br />

Dieses Fundamentalinteresse jedes einzelnen kann aber in einem interessenpluralistisch<br />

organisierten Gremium nicht repräsentiert werden, sondern nur in<br />

einer Person. Diese repräsentiert das Ganze gegenüber seinen Teilen. Die Interessen<br />

des Ganzen und die seiner Teile können nicht in demselben Organ vertreten<br />

sein. Dieses müßte sonst gleichzeitig gegensätzliche Interessen vertreten,<br />

was es der Natur der Sache nach nicht kann. Das zeigt sich heute z.B. an der<br />

Person des Bundeskanzlers, der, obwohl Parteivorsitzender, das Wohl des ganzen<br />

Volkes zugleich mehren soll, also auch das der Interessengegner seiner<br />

Partei. Im 18. Jahrhundert, der Epoche des absoluten Staates, repräsentierte der<br />

König das Volk und verkörperte dessen Einheit. In unserem Jahrhundert der<br />

absoluten Gesellschaft wählt es sich ein Parlament voller kleiner Könige, die es<br />

in seiner pluralen Form als Gesellschaft repräsentieren sollen. Es wird Zeit,<br />

wieder beide Aspekte zwischenmenschlichen Daseins zugleich zu repräsentieren.<br />

589 Ebenso Arnim, FAZ 27.11.1993; Rebenstorf, Steuerung, S.45.<br />

590 Daß es hier Interessen von grundsätzlich zweierlei Natur zu repräsentieren gibt, betont auch<br />

Preuß, ZRP 1993, 135: Er unterscheidet die Repräsentanten der durch den Staat organisierten<br />

homogenen Volksgesamtheit von den Repräsentanten der Gesellschaft in ihrer wirtschaftlichen,<br />

regionalen, weltanschaulichen und politischen Zersplitterung.

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