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pdf-Version - Klaus Kunze

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stärker, der Reiche immer reicher und der Mächtige immer mächtiger werden<br />

wird, führt der reine Liberalismus zwangsläufig in eine wölfische Gesellschaft.<br />

Völlige gesellschaftliche Freiheit und Gleichberechtigung führen immer dazu,<br />

daß sich der Stärkere durchsetzt. Damit wird die Freiheit aller anderen zur<br />

grauen Theorie.<br />

Die liberale Theorie befaßt sich eingehend mit dem Problem der Herrschaft:<br />

"Wer soll regieren?" Sie will innergesellschaftliche Konflikte regulieren und<br />

die Gesellschaft trotz aller Gegensätze zusammenhalten, weil sie das ganz<br />

einfach für "vernünftig" hält. 419 Das war's dann auch schon. Der Liberalismus<br />

stellt eine Theorie zur Minimierung staatlicher Funktionen dar, und in manchen<br />

historischen Situationen schadet das auch nicht so bald. Dagegen ist das Wertegerüst<br />

des Liberalen denkbar mager: "Laß doch jeden machen, was er will!",<br />

lautet sein Credo. Eine Gesellschaft der Wölfe schreckt ihn nicht; und "Jeder<br />

gegen jeden" ist sein Lebenselixier. Für überindividuelle Sinnfragen ist er vollständig<br />

blind, und zwar ganz bewußt. 420 Jeder soll nach seiner Façon selig<br />

werden. Gegen eine multikulturelle Gesellschaft aus Muselmanen, Christen,<br />

Atheisten und Satansanbetern hätte der Liberale keine prinzipiellen Einwände,<br />

solange ihm niemand aus religiös-rituellen Gründen das Geldverdienen verbieten<br />

würde. Wichtig ist ihm nur das autonome Individuum.<br />

Wenn Deutschland durch den Geburtenrückgang Einbrüche in seine Infrastruktur<br />

erleidet, füllt er die demographischen Lücken eben mit "Beutedeutschen"<br />

auf, mit Einwanderern aus aller Herren Länder. So benötigt er Einwandererkinder<br />

aus Übersee, weil er keine bessere Idee hat, eine Kindergärtnerin<br />

vor Arbeitslosigkeit zu bewahren. Als Deutsche kommen wir im liberalen Vokabular<br />

gar nicht vor: Wir sind für ihn auf unsere Rolle als Verbraucher reduziert,<br />

als Rentenbeitragszahler oder Pendler, Erwerbstätige oder Pflegebedürftige,<br />

als Wähler oder Anlieger. Deutsche? Nicht nötig: Alles das kann ein<br />

Ausländer ja ebensogut. Deutschland? Nur noch mit dem vorgesetzten<br />

Hauptwort "Wirtschaftsstandort"! Als höhere Idee oder als Land unserer Väter,<br />

dem unsere Liebe und unsere Sehnsucht gelten, kann er Deutschland selbst in<br />

seinen schlimmsten Alpträumen noch nicht einmal denken. Der Liberale ist der<br />

politische Spießbürger, wie ihn Max Weber genannt und beschrieben hat: ein<br />

Menschenschlag, dem die großen Machtinstinkte fehlen, der charakterisiert ist<br />

durch die Beschränkung des politischen Strebens auf materielle Ziele oder doch<br />

419 Vgl. ebenso bei Dettling, Demokratisierung, S.15.<br />

420 Ebenso z.B. Joachim Fest, FAZ 21.10.1992; Ernst Nolte, FAZ 3.7.1993.

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