pdf-Version - Klaus Kunze
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Recht (äßêáéïí 41 ) zu sein habe für die Regierten. Und den dieses Übertretenden<br />
strafen sie als außerhalb des Gesetzes Stehenden und unrecht Handelnden."<br />
In allen Staaten werde zum Recht gemacht, was der bestehenden Regierung<br />
nütze. 42 "Sie sollten nicht archaische und überholte Rechtsvorstellungen des<br />
Aurelius Augustinus oder des heiligen Augustin aus 'De Civitate Dei' zitieren,"<br />
empfahl daher ein Richter am Bundesgerichtshof bitter bedauernd: "Recht hat<br />
mit Moral nichts zu tun. Recht ist das, was durchzusetzen man die politische<br />
Macht hat und was dem Volke nützt, wobei der Nutzen des Volkes von denen<br />
bestimmt wird, die die Macht haben." 43 Offenherzig erklärte die Gemeinsame<br />
Verfassungskommission des 12.Bundestages in ihrem Bericht vom 5.November<br />
1993: "Probleme der Verfassung und der Verfassungsreform sind letztlich<br />
politische Machtfragen." 44<br />
Wer sich beherrscht fühlt und sich befreien möchte, muß das Wechselspiel<br />
zwischen faktischer Herrschaftsmacht und überwölbender Herrschaftsideologie<br />
ebenso durchschauen wie jeder, der selbst gern herrschen möchte. Herrschen<br />
bedeutet, die Spielregeln des Zusammenlebens so zu setzen, daß die anderen zu<br />
tun haben, was die einen wollen. Solange die "herrschaftslose" Gesellschaft eine<br />
Utopie ist und wir alle diesen Gesetzmäßigkeiten unterworfen sind, mag sich<br />
jeder frei aussuchen, ob er lieber Hammer oder Amboß sein möchte. Herrschaftsideologien<br />
sind abstrakte Ideengebäude und vermitteln Akzeptanz von<br />
Herrschaft: Solange die einen tatsächlich an sie glauben, gehorchen sie "freiwillig"<br />
den anderen. So gehorchen Monarchisten im Glauben an das Königtum<br />
dem Monarchen, Marxisten im Glauben an den Diamat oder den Fortschritt<br />
ihrem Parteisekretär, Muslime im Glauben an Allahs Willen dem Imam und<br />
Demokraten im Glauben an die Demokratie den Bundestagsabgeordneten, ihren<br />
Gesetzen und den politischen Entscheidungen ihres Kanzlers. Es gehört zu den<br />
erfolgreichen Herrschaftstechniken, den Beherrschten das glückliche Gefühl zu<br />
41 Äßêáéïí (Dikaion) ann Recht bedeuten, aber auch Gerechtigkeit oder das Gerechte. Jede andere<br />
Übersetzung als Recht würde das Argument des Thrasymachos grob mißverstehen, weil er<br />
ja gerade bestreitet, daß Recht mehr ist als gesetztes Recht, und gerade nicht behauptet, das<br />
Recht sei Gerechtigkeit oder eine Art (höheres) Gerechtes.<br />
42 Zitiert nach Platon, Politeia 1.Buch, B.Hauptteil, II. Das Gespräch mit Thrasymachos, 12.,<br />
338e. Während Platon selbst als Idealist diese Ansicht generell ablehnt, erkennt Aristoteles, daß<br />
δικαιον (Recht) in der Oligarchie, Demokratie usw. "in gewissem Grade" etwas ganz verschiedenes<br />
bedeutet, vgl. Politik, 3.Buch, 9., =1280a. Ebenso a.a.O. 1318a.<br />
43 Falk Frhr.v.Maltzahn, Leserbrief in der FAZ 27.5.1994 in Hinblick auf die Rechtsprechung<br />
des BVerfG zum Fortbestehen der Enteignungen der SBZ.<br />
44 Deutscher BT, 12.Wahlperiode, Bundestags-Drucksache 12/6000, S.14.<br />
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