pdf-Version - Klaus Kunze
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fassungsgrundsätze besetzt; - oder gibt es irgendwo eine Stimme, die das bezweifelt?"<br />
291 Für 10 der 16 Verfassungsrichter läßt das Bundesverfassungsgerichtsgesetz<br />
genügen, daß sie irgendwann einmal die zweite juristische Staatsprüfung<br />
bestanden haben. 292 Diese Praxis der Verfassungsrichterwahl stößt in<br />
der herrschenden Verfassungslehre aus "begründete Ablehnung", die "bis zur<br />
Verachtung" reicht." 293<br />
Was für das Bundesverfassungsgericht gilt, setzt sich bei den Landesverfassungsgerichten<br />
und den anderen Obergerichten fort. 1996 wurde eine Studie<br />
über den Einfluß der politischen Parteien auf die Ernennungen zum<br />
Bundesgerichtshof erstellt. 294 Die Autoren befragten die BGH-Richter durch<br />
einen anonymen Fragebogen. Der Anteil der parteigebundenen Richter liegt bei<br />
rzwa 40%. "Von seiten der parteilosen Richter", führen die Autoren der Studie<br />
aus, "wird scharfe Kritik an der Wahlpraxis der Parteien geübt, die sich in<br />
Schlagworten wie "Däubler-Gmelin-Syndrom" und "Kohl-Effekt" niederschlägt<br />
und die auch nicht davor zurückschreckt, Kollegen - immerhin Richter am<br />
höchsten ordentlichen Gericht! - fachlich als "schwach" zu bezeichnen und<br />
diese fachliche Schwäche mit der Parteizugehörigkeit in Verbindung zu<br />
bringen."<br />
Die Mitglieder des Hamburgischen Verfassungsgerichts können ohne Rest<br />
den Parteien der Bürgerschaft zugerechnet werden. 295 Eine bayerischer Bürgeraktion<br />
mit ihrem Vorsitzenden, der zugleich Vorsitzender der Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaften ist, Richard Sigl, kündigte am 18.11.94 an, sie<br />
werde gegen die Personalbesetzung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs<br />
klagen: Er sei zu 86% CSU-besetzt, von SPD und Grünen nur zu 14%. Nach<br />
Meinung der SDP-Fraktionsvorsitzenden im Münchener Landtag, Renate<br />
Schmidt, ist die Unabhängigkeit dieser Richter "zum vorauseilenden Gehorsam<br />
gegenüber der Landesregierung degeneriert" 296<br />
Nicht jede personelle Ranküne der Parteien gelang den Parteien: Mancher<br />
Politiker hat, zum Verfassungsrichter gewählt und somit in den Stand der persönlichen<br />
Unabhängigkeit versetzt, zu für seine Entsendepartei unliebsamer<br />
291 Schmidt-Hieber und Kiesswetter NJW 1992, 1791; Lamprecht ZRP 95,2531 f.<br />
292 Neumann, Von der Parteiendemokratie zur Soziokratie, S.168 (174).<br />
293 Geck, Wahl und Amtsrecht der Bundesverfassungsrichter, 1986, S.9.<br />
294 Michael Bohlander und Christian Latour, Zum Einfluß der politischen Parteien auf die Ernennungen<br />
zum Bundesgerichtshof, ZRP 1997, 437.<br />
295 Stubbe-da Luz, Parteiendiktatur, S.211.<br />
296 Bericht der FAZ vom 19.11.1994 'Klage gegen Verfassungsgerichtshof'.