pdf-Version - Klaus Kunze
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republikanische Tugend der virtú gegenüber egozentrischer Eigensucht wiederzubeleben,<br />
und diese Tüchtigkeit bezieht sich immer zurück auf das Volk als<br />
Subjekt.<br />
Strategisches Ziel muß daher sein, ein gerade so starkes Maß an deutscher<br />
Staatlichkeit zu bewahren, wie es benötigt wird, um das deutsche Volk substantiell<br />
zu erhalten, Bürgerfreiheit gegenüber inländischen und internationalen<br />
gesellschaftlichen Machtgruppen zu bewahren und zurückzugewinnen, die<br />
selbstbestimmende Mitverantwortung dem Postenverteilungskartell wieder abzuringen<br />
und vor Fremdbestimmungsgelüsten zu schützen. "Der Staat ist<br />
notwendige Bedingung einer gerechten, sozialverträglichen, die Freiheit aller<br />
ermöglichenden Ordnung des menschlichen Zusammenlebens, und er muß sich<br />
darum gegenüber allen innnerstaatlichen Machtgruppierungen als überlegen<br />
erweisen." 536 Ein starker Staat ist ebenso notwendig wie eine starke<br />
Gesellschaft, und eine starke Gesellschaft ebenso notwendig wie ein starker<br />
Staat. Das menschliche Zusammenleben darf nicht einseitig von einem dieser<br />
seiner beiden Aspekte regiert werden. Wir müssen daher das strategische Ziel<br />
klar ins Blickfeld rücken, weil wir es sonst einerseits nicht erreichen können,<br />
andererseits aber auch nicht über das Ziel hinausschießen und in der absoluten<br />
Republik landen dürfen, die wir uns als freiheitsliebende Menschen allenfalls<br />
für den letzten Notfall aufheben möchten. Wer meint, dieser Notfall sei heute<br />
schon da, mag das anders sehen.<br />
Vor allem aber müssen wir klar zwischen Strategie und Taktik unterscheiden.<br />
Möglicherweise werden wir das strategische Ziel nicht direkt, sondern nur<br />
auf einem Umweg über taktische Zwischenlösungen erreichen können: Bedauerlicherweise<br />
gibt es nämlich viele Politiker und politikabhängige Bürger, die<br />
vom gegenwärtigen System gut leben und es daher bis aufs äußerste verteidigen<br />
werden. Niemand von ihnen wartet etwa darauf, hier nach Feierabend nachzulesen,<br />
wie er sich selbst dadurch entmachten kann, daß er uns freiwillig die<br />
Macht überläßt. Haupthindernisse auf dem Weg zum Ziel sind also alle, die<br />
dem von Scheuch so genannten Postenverteilungskartell der etablierten Parteien<br />
angehören, weil diese die Zugänge zu den von ihm befallenen staatlichen Entscheidungsgremien<br />
mit ihren Gefolgsleuten verstopft halten. Der Speyerer<br />
Verfassungsrechtler von Arnim sieht durch sie eine "systembedingte Reform-<br />
536 Heribert Klein, Hüter der Verfasser: Ernst-Wolfgang Böckenförde, FAZ-Magazin 15.4.1994,<br />
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