pdf-Version - Klaus Kunze
pdf-Version - Klaus Kunze
pdf-Version - Klaus Kunze
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24<br />
___________________________________________________________<br />
sich quasi fettfleckartig über alle staatlichen Institutionen ausgebreitet. 83 Selbst<br />
wohlwollende Autoren sprechen von einer "Kolonialisierung" aller gesellschaftlichen<br />
Lebensbereiche durch den Parteienstaat. 84 Den Begriff totaler<br />
Parteienstaat 85 formulierte Carl Schmitt angesichts derselben Problematik<br />
immerhin schon 1932 86 ; und von Arnim nennt ihn neuerdings den "absoluten<br />
Parteienstaat". 87<br />
Wie drückte es Scheuch so schön aus: "Es organisiert sich ein parteiübergreifendes<br />
Kartell zur Postenverteilung auf Dauer." 88 Es nutzt alle<br />
"Möglichkeiten, welche den Parteien zur Belohnung ihrer Getreuen gegeben<br />
sind. Man geht deshalb dazu über, auch die höheren Beamtenstellen zu<br />
parlamentarisieren und auf Grund stiller Handelsgeschäfte zwischen den<br />
Parteien zu besetzen." 89 Das System der Machtübernahme durch Cliquen ist<br />
nach Scheuch außer Kontrolle. Es ist nur noch auf sich selbst bezogen, oder,<br />
wie es in der Soziologie heißt: selbstreferentiell. 90 In der Systemtheorie nach<br />
Niklas Luhmann bedeutet das, daß es nur noch auf Veränderungen im eigenen<br />
System reagiert. Die Politik in der Bundesrepublik ist selbstreferentiell als Koalition<br />
von beamteten Politikern und politisierten Beamten, umgeben von Journalisten<br />
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Derartige Systeme haben die<br />
Tendenz, sich zunehmend zu verselbständigen - hier gegenüber dem Gesamtsystem<br />
"Gesellschaft". 91 Damit ist aber der Elitenpluralismus und damit eine<br />
tragende Säule der Selbstrechtfertigung des Systems außer Kraft gesetzt. Sie<br />
lautet, daß die "Demokratie" institutionell und tatsächlich offen und durchlässig<br />
für konkurrierende Eliten sein muß. Heute dagegen gleichen die Führungsgre-<br />
83 R.v. Weizsäcker, (1983), S.156.<br />
84 Leif, Hoffnung auf Reformen? S.24 (33) nach <strong>Klaus</strong> von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat,<br />
1993, S.58 ff.<br />
85 Vgl. auch K.<strong>Kunze</strong>, Für eine Demokratisierung der Volksparteien, April 1989; ders. Sozialgeschenke,<br />
S.3; ders. Der totale Parteienstaat, in: JF Nr.2/1992.<br />
86 Carl Schmitt, Konstruktive Verfassungsprobleme, in: ders., Staat, Großraum, Nomos, S.61.<br />
87 Arnim, Staat ohne Diener, S.107.<br />
88 Scheuch, Cliquen S.158; Zum "völlig beherrschenden Einfluß der Parteien" ebenso<br />
R.v.Weizsäcker, Im Gespräch, S.140 f.; Gegen das "Parteien-, Stiftungs- und Fraktionskartell"<br />
auch Hennis, FAZ 26.2.1993.<br />
89 E.J. Jung, Die Herrschaft der Minderwertigen, S.256.<br />
90 Scheuch, Studie S.20,30; ders. Cliquen S.175.<br />
91 Scheuch, "Studie". a.a.O. S.30 u. S.121.