pdf-Version - Klaus Kunze
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ten ab und rechtfertigt mit ihrer Herrschaftsideologie den Anspruch gegen alle,<br />
ihren Gesetzen Gehorsam zu leisten.<br />
Folgerichtig erkennen sie jeden auch nur philosophisch gegen den Liberalismus<br />
geführten Angriff als Angriff auf die Grundfesten ihrer Macht. So urteilte<br />
das Verwaltungsgericht Stuttgart 549 im Prozeß einer rechten politischen Partei<br />
um die Rechtmäßigkeit gegen sie eingesetzter nachrichtendienstlicher Mittel:<br />
Die Partei stehe im Verdacht, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu<br />
bekämpfen. Sie habe zwar ihr Programm nunmehr geändert, doch habe sie ihr<br />
"Gedankengut nicht grundlegend und vor allem aus innerer Überzeugung heraus<br />
in eine liberalere Richtung (sic!) geändert." Ohne dies eigentlich juristisch<br />
begründen zu können, erkannten die systemtreuen Verwaltungsrichter instinktiv<br />
im Liberalismus die ungeschriebene Staatsdoktrin der BRD. Tatsächlich sind<br />
nämlich alle Bundestagsparteien einschließlich der Grünen liberal, wenn man<br />
den Begriff korrekt aus der Tradition des historischen Liberalismus des 19.<br />
Jahrhunderts und seinen politischen Forderungen ableitet. "Heute nennen sich<br />
'Konservative' jene Liberalen, die das unter den Bedingungen der industriellen<br />
Massengesellschaft in jeweils verschiedenem Ausmaß und Tempo vollziehende<br />
Abgleiten (eines Flügels) des Liberalismus in Positionen der sozialen Demokratie<br />
ablehnen." 550<br />
Das Grundgesetz verwirklicht seiner Konstruktion nach, vor allem durch das<br />
System der Parlamentsregierung, idealtypisch rein liberale Forderungen. Indem<br />
das Gericht der vom Verfassungsschutz beobachteten Partei ausgerechnet das<br />
vorgehalten hat: sie sei nicht liberal!, hat es schlaglichtartig aufgezeigt, worum<br />
es geht: Nicht darum, die Übereinstimmung oder Abweichung von Parteiprogrammen<br />
mit Wesensmerkmalen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung<br />
zu prüfen; Wie bei dem Streit um den CDU-Bundespräsidentenkandidaten<br />
Heitmann geht es "um die Herrschaft über die Diskurse, also darum, wer wen<br />
zwingen kann, politische Aussagen moralisch zu legitimieren." 551 Seit der Wiedervereinigung<br />
bröckelt die linksliberale Hegemonie in der politischintellektuellen<br />
Öffentlichkeit. Linke und Liberale merken das und verteidigen<br />
mit der Herrschaftsideologie Liberalismus ihre Macht an der entscheidenden<br />
Einbruchstelle. Nur hier können wir sie ideologisch entwaffnen, und erst dann<br />
ist ihre Macht zu brechen.<br />
549 VG Stuttgart Beschluß vom 4.8.1993 -18 K 959/93-.<br />
550 Kondylis, Konservativismus, a.a.O., S.29 f.<br />
551 Eckhard Fuhr, Ein Kulturkampf, FAZ 29.9.1993.