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pdf-Version - Klaus Kunze

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Parteizentralen zweifellos eine sehr aufgeklärte, wenn auch die typischen Ohnmachtsgefühle<br />

hervorrufende Diktatur dar." 173<br />

Dies ist umso bedenklicher, weil sich die zwei großen Parteien programmatisch<br />

einander annähern. 174 Nach Parallelen zwischen den Blockwahlen in der<br />

DDR und Blockwahlen innerhalb der Bonner Parteien befragt, antwortete der<br />

Soziologe Erwin Scheuch anhand persönlicher Erfahrungen: "Wie in der DDR!<br />

Wir haben noch mehrere Parallelen zur DDR." 175 Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />

alle klassischen Gewalten zuzüglich moderner Mediengewalt als in<br />

den Händen eines Parteienkartells, dessen Teilsysteme nach außen hin Schaukämpfe<br />

austragen, inhaltlich aber nicht für Alternativen stehen. Ihr Wahlkampf<br />

ist Schwindel, weil er programmatische Verschiedenheit vortäuscht. "Es ist das<br />

gleiche wie die Kämpfe zwischen gewissen Wiederkäuern, deren Hörner in<br />

einem solchen Winkel gewachsen sind, daß sie einander nicht verletzen können.<br />

Wenn er aber auch nur ein Scheingefecht ist, so ist der doch nicht<br />

zwecklos, [sondern] hilft, die besondere geistige Atmosphäre aufrecht" und ihre<br />

"Gesellschaftsstruktur intakt zu halten." 176<br />

So besteht der Zweck der Großparteien heute hauptsächlich darin, Wahlverein<br />

für den einen oder den anderen Kanzler zu sein - eben Scheuchs Postenverteilungskartell<br />

auf Dauer. In ihrer wechselseitig sich stabilisierenden gegenseitigen<br />

Bezogenheit gleichen sie den drei globalen "Superstaaten" in George<br />

Orwells 1984, die "einander nicht überwinden können, sondern auch keinen<br />

Vorteil davon hätten. Im Gegenteil, solange sie in gespanntem Verhältnis<br />

zueinander stehen, stützen sie sich gegenseitig wie drei aneinandergelehnte Getreidegarben."<br />

177 In Wahlkampfzeiten reduzieren sie und ihre Medienstrategen<br />

die Wahlentscheidung der Bürger gern auf polarisierende Parolen wie "Freiheit<br />

oder Sozialismus" erzeugen operativ den Eindruck eines Kopf-an-Kopf-<br />

Rennens der Kandidaten der Großparteien, um den Wähler in eine Scheinalternative<br />

zu zwingen und die ohnehin kleine Konkurrenz aus dem Wählerbewußtsein<br />

zu tilgen. Im Endeffekt entwickelt Deutschland sich vom partiellen zum<br />

tendenziell totalen Parteienstaat 178 , in dessen Rahmen die Parteien eine schall-<br />

173 Stubbe-da Luz, Parteiendiktatur, 1994, S.49.<br />

174 Vierhaus S.473.<br />

175 Erwin Scheuch, Interview mit EUROPA VORN 15.3.1992, S.2.<br />

176 George Orwell, 1984, a.a.O., S.182.<br />

177 George Orwell, 1984, a.a.O., S.180.<br />

178 Schrenck-Notzing, Abschied vom Parteienstaat, S.9.

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