Stenographisches Protokoll - Andrea Gessl-Ranftl
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Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 213<br />
Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser<br />
Ich möchte anerkennen, dass es hier im Parlament schon öfters Initiativen, Gesetzesinitiativen,<br />
gegeben hat, das Problem Unrechtsurteile der NS-Zeit aufzuarbeiten, in den<br />
letzten Jahren hat es aber auch Anfragebeantwortungen aus dem Justizministerium<br />
gegeben, aus denen wieder klar ersichtlich wurde, dass es immer noch Lücken bei der<br />
Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gibt. Im Kern geht es einerseits um die Opfer der<br />
NS-Militärjustiz und andererseits um die Opfer der Entscheidungen hinsichtlich<br />
Zwangssterilisation.<br />
In der NS-Zeit sind in Österreich rund 6 000 Zwangssterilisationen vorgenommen worden.<br />
Es hat schon genügt, dass man eine vermeintliche Krankheit wie – das wurde<br />
damals so genannt – Schwachsinn, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, aber<br />
auch Epilepsie, Chorea Huntington, Blindheit, Taubheit, körperliche Missbildungen<br />
oder Alkoholismus hatte, um vom NS-Regime verfolgt zu werden und dann auch eine<br />
Entscheidung auf Zwangssterilisation zu bekommen.<br />
Ich möchte aus einer Entscheidung zitieren, weil diese, so glaube ich, sehr gut zeigt,<br />
wie diese Fälle damals ausgesehen haben. Es geht um die damals 21-jährige Hermine<br />
B. – das war 1941. Damals hat das Erbgesundheitsobergericht Folgendes entschieden:<br />
Bei der Beantragten handelt es sich um einen Schwachsinn, der sich hauptsächlich auf<br />
moralischem Gebiet auswirkt. Die Schulleistungen der Betroffenen waren unter dem<br />
Durchschnitt, die Lebensbewährung sagt, vollkommen. Wenn sie nicht unter strenger<br />
Aufsicht stand, führte sie einen liederlichen Lebenswandel. – Zitatende.<br />
Das hat in der NS-Zeit genügt, um zwangssterilisiert zu werden.<br />
Ich glaube, ich kann davon ausgehen, es gibt Konsens dahin gehend, dass derartige<br />
Urteile durch den Gesetzgeber beseitigt werden müssen. Diesen Schritt müssen wir<br />
setzen, denn rein formal-juristisch sind diese NS-Unrechtsurteile nach wie vor aufrecht,<br />
in Geltung. Ich denke, wir sind es den Opfern des NS-Regimes schuldig, dass wir<br />
diese Urteile auch formal beseitigen.<br />
Es ist schade, dass sich niemand von der ÖVP zu diesem Tagesordnungspunkt zu<br />
Wort gemeldet hat, meine Einladung geht nämlich auch ausdrücklich an die ÖVP,<br />
gemeinsam mit uns diese Sache wirklich in Angriff zu nehmen. Ich möchte auch mit<br />
Justizministerin Bandion-Ortner reden und hoffe, da auch das Justizministerium als<br />
Bündnispartner zu gewinnen.<br />
Die Regierung hat der Opposition immer wieder versprochen, dass seriöse Initiativanträge<br />
gerne aufgegriffen und umgesetzt werden. Ich glaube, das ist genau solch ein<br />
Anliegen, wo wir gemeinsam jenseits der Parteipolitik einen wichtigen inhaltlichen und<br />
symbolischen Schritt setzen können.<br />
In diesem Sinne hoffe ich, dass das der Beginn ist, die Lücken bei der Rehabilitierung<br />
der NS-Justizopfer endgültig zu beseitigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen<br />
sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />
19.44<br />
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />
Pendl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />
19.44<br />
Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und<br />
Herren! Hohes Haus! (Abg. Mag. Stadler: Wann werden Sie Klubobmann? – Heiterkeit<br />
des Redners.) Kollege Steinhauser, es ist das ein umfangreicher Antrag, aber auch ich<br />
bin der Meinung, dass man die Fälle, die wir auch aus den Medien kennen, endlich<br />
einer Behandlung und der Gerechtigkeit zuführen sollte.