Stenographisches Protokoll - Andrea Gessl-Ranftl
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214 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />
Abgeordneter Otto Pendl<br />
Ich bin sicher, dass wir im Ausschuss darüber eine ausgiebige Diskussion führen<br />
werden, darf aber auch einladen und bitte, zu versuchen, dieses Thema mit der notwendigen<br />
Ernsthaftigkeit, unter Aufwendung der erforderlichen Zeit und einer ordentlichen<br />
Termingestaltung zu lösen – und nicht immer wieder gerade dann, wenn jemand<br />
in den Medien einen Bericht gehört hat darüber, was in der furchtbaren Zeit passiert ist,<br />
das also nicht immer anlassbezogen zu debattieren, sondern das gehört aufgearbeitet<br />
und erledigt. Ich lade Sie zu einer interessanten Diskussion im Ausschuss ein. –<br />
Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)<br />
19.45<br />
Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />
Mag. Stefan. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />
19.46<br />
Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />
Damen und Herren! Es wird hier der Eindruck erweckt, dass es in diesem Zusammenhang<br />
keine entsprechenden Gesetze gibt. Tatsächlich gibt es aber das Aufhebungsgesetz<br />
aus 2005, das auf das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und das<br />
Befreiungsamnestie-Gesetz 1946 verweist. Ich habe den Eindruck, dass man da<br />
wieder einmal ein bisschen aufpassen muss, dass zwar einerseits sicherlich richtige<br />
Ansätze zu finden sind, andererseits aber die Ex-post-Betrachtung, also die Betrachtung<br />
der Geschichte mit der Brille der Gegenwart hier auch Probleme schafft.<br />
Ich möchte zwei Dinge aufzeigen, die ich in diesem Antrag gefunden habe und als<br />
problematisch erachte. Das eine ist das Befreiungsamnestie-Gesetz aus dem Jahr<br />
1946.<br />
Ich möchte Ihnen nur kurz zur Kenntnis bringen, was das besagt, nämlich:<br />
„Wegen strafbarer Handlungen ..., die zwischen dem Tag der Befreiung“ – das heißt,<br />
jeweils nach dem Bundesland unterschiedlich, 1945, so die Diktion – „... und dem<br />
25. November 1945 vorwiegend zu dem Zwecke gesetzt worden sind, die Einrichtung<br />
der Republik Österreich als demokratischen Staat zu sichern, nationalsozialistisches<br />
Vermögen öffentlichen Interessen dienstbar zu machen oder Opfern der nationalsozialistischen<br />
Herrschaft moralische oder materielle Genugtuung zu verschaffen, ist<br />
kein Strafverfahren einzuleiten, sofern die Strafdrohung nicht über zehn Jahre beträgt.“<br />
Das heißt, sechs Monate lang waren Raub, Vergewaltigung, Diebstahl, Körperverletzung,<br />
Nötigung, wenn sie im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Republik<br />
stattfanden, straffrei. Es ist das aus der damaligen Sicht ein sicherlich verständliches<br />
Gesetz, aber wenn ich an die heutige Rechtsordnung und Rechtslage denke und an<br />
die Einstellung zu derartigen Dingen, dann hätte ich mir erwartet, dass die Grünen so<br />
nach dem Motto „Niemals vergessen!“, aber auch nach der Ansicht: Wir betrachten das<br />
jetzt mit dem Blick der heutigen Zeit!, eher für die Aufhebung eines solchen Gesetztes<br />
eingetreten wären. Das ist allerdings nicht der Fall.<br />
Der zweite Punkt, der sehr problematisch ist in diesem Gesetzesantrag der Grünen,<br />
betrifft die sogenannten Mischverfahren, Mischverurteilungen. Es gab ja Verurteilungen,<br />
die einerseits aufgrund politischer Gesetze stattgefunden haben und andererseits<br />
aufgrund der normalen strafbaren Handlungen, der normalen Strafgesetze. Ein typisches<br />
Beispiel dafür ist die Desertion und in Verbindung damit ein Mord. Diese Mischverurteilungen<br />
sind in späterer Folge so gehandhabt worden, dass das politische Urteil<br />
aufgehoben war und über das strafrechtliche Urteil ein neues Verfahren eingeleitet<br />
wurde.<br />
Richtigerweise wird festgestellt, dass natürlich 64 Jahre nach dem Krieg – das ist eben<br />
jetzt, da dieser Antrag hier eingebracht wurde – all die Straftaten verjährt sind, nicht