Stenographisches Protokoll - Andrea Gessl-Ranftl
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Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 63<br />
Abgeordnete Mag. Alev Korun<br />
gefunden haben, Wurzeln geschlagen haben. Deshalb diskutieren wir heute im<br />
Parlament über das Bleiberecht. (Beifall bei den Grünen.)<br />
Stellen Sie sich vor, Sie wären in Georgien geboren, Sie wären georgischer Staatsbürger,<br />
Sie würden sich politisch engagieren, Sie würden es wagen, die Regierungspartei<br />
zu kritisieren (Abg. Scheibner: Der kriegt ja Asyl!), Sie würden willkürlich<br />
festgenommen, bedroht, körperlich verletzt werden, Sie würden flüchten in ein anderes<br />
Land, beispielsweise nach Österreich! (Abg. Strache: Warum nicht nach Russland?<br />
Warum nach Österreich? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist übrigens ein<br />
ganz konkreter Fall einer Familie in Salzburg, die im Jahr 2002 eingereist ist – ich<br />
betone: im Jahr 2002 (Abg. Großruck: Das ist eine falsche Aussage! – Abg.<br />
Scheibner: Da kann man gar nicht mehr zuhören!), vor sieben Jahren –, inzwischen<br />
zum dritten Mal einvernommen wurde, weil ihr Asylantrag mit fadenscheinigen<br />
Argumenten zwei Mal abgelehnt wurde, ihrer Berufung vom Unabhängigen Bundesasylsenat<br />
zwei Mal stattgegeben wurde, wobei der Bundesasylsenat gesagt hat, es<br />
war nicht richtig, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde, wobei ihnen Recht gegeben<br />
wurde. Und nach sieben Jahren – nach fast sieben Jahren legaler Beschäftigung und<br />
Steuerzahlens – steht diese Familie noch immer in der Warteschleife und weiß nicht,<br />
ob sie nächstes Jahr noch in Österreich sein darf. – Deshalb diskutieren wir heute im<br />
Hohen Haus über das Bleiberecht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: ... zu<br />
Hause eine Zukunft aufbauen! ... in ihrer Heimat eine Zukunft aufbauen!)<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, sehen wir doch den Tatsachen ins Auge! Wir haben<br />
in Österreich mehrere Hundert, vielleicht ein paar Tausend Familien, die sehr gut<br />
integriert sind, die hier leben, die sich hier etabliert haben. Wir haben 6 000 Asylanträge,<br />
die länger als fünf Jahre dauern. Wissen Sie, wie lang fünf Jahre sind? Das<br />
sind mehr als 1 800 Tage! (Abg. Mag. Stefan: Mit Versorgung! Versorgte Tage! – Abg.<br />
Strache: Versorgte Tage!) Stellen Sie sich bitte vor, jeder und jede Einzelne von<br />
Ihnen, dass Sie 1 800 Tage lang im Ungewissen gehalten werden, dass Sie arbeiten,<br />
Steuern zahlen, dass Ihre Zukunft aber ungewiss ist! Stellen Sie sich das vor!<br />
Wir haben über 4 000 Asylverfahren beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof,<br />
die sich über Überlastung beschweren. Das heißt, wir haben Probleme im Bereich des<br />
Bleiberechts. Und eine verantwortungsbewusste Regierung würde sagen: Jawohl, wir<br />
entwickeln Lösungsvorschläge, wir entwickeln Lösungen! Denn: Integrierte Familien<br />
lösen sich, sehr geehrte Damen und Herren, nicht einfach in Luft auf, weil die Bundesregierung<br />
unfähig ist, sich Lösungen auszudenken. (Abg. Großruck: Aber viele<br />
wollen sich gar nicht integrieren!)<br />
Das ist die Tatsache, mit der wir hier zu tun haben. Deshalb haben wir Grüne vorgeschlagen,<br />
dass bei Asylverfahren von Menschen, die mitgewirkt haben im Asylverfahren,<br />
die also unverschuldet lang im Asylverfahren sind, die sich nichts haben zuschulden<br />
kommen lassen, nach drei Jahren ein Bleiberecht gegeben wird. (Abg.<br />
Mag. Stefan: ... die Staatsbürgerschaft! – Abg. Dr. Graf: Wieso gerade drei Jahre?<br />
Was ist der Grund für drei Jahre?) Das ist der grüne Vorschlag für ein Bleiberecht –<br />
von dem Sie ständig behaupten, alle immer nur rein, und alle, die irgendwie da sind,<br />
auch Touristen, sollen ein Bleiberecht bekommen. Das ist überhaupt nicht richtig!<br />
(Beifall bei den Grünen.)<br />
Es wäre notwendig, reinen Tisch zu machen. Es wäre notwendig, endlich dieser Zermürbungstaktik<br />
ein Ende zu setzen (Abg. Strache: Es wäre wirklich notwendig, dem<br />
Missbrauch ein Ende zu setzen!), diesem Schwebezustand, in dem sich Tausende<br />
Menschen befinden, die sich in Österreich nichts, aber auch gar nichts haben zuschulden<br />
kommen lassen.