Stenographisches Protokoll - Andrea Gessl-Ranftl
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64 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />
Abgeordnete Mag. Alev Korun<br />
Was aber machen Sie, was macht die Bundesregierung? – Sie macht ein Gesetz,<br />
wonach man zwar einen Antrag stellen kann, aber die Ministerin entscheidet wie früher<br />
die römischen Kaiser mit: Daumen rauf, Daumen runter, Daumen rauf, Daumen<br />
runter – du darfst bleiben, du darfst nicht bleiben! (Beifall bei den Grünen.)<br />
Und: Es gibt keine Berufungsmöglichkeit! Die Bundesministerin entscheidet, und es<br />
gibt keine Berufungsmöglichkeit. Ich wiederhole: Das ist Politik des „Daumen rauf und<br />
„Daumen runter“. (Abg. Hornek: Bei so einer Rede kann man nur den Daumen runter<br />
halten!)<br />
Zweite Sache: Ein Aufenthaltsrecht kann von einem Bundesland erteilt werden, die<br />
Frau Bundesministerin hat aber 3 Jahre Zeit, dieses Recht wieder für nichtig zu<br />
erklären. Das heißt, die Länder sollen ruhig entscheiden – die Ministerin sagt: Nein,<br />
gefällt mir nicht, sehe ich nicht ein! – Drei Jahre später ist das Aufenthaltsrecht weg.<br />
Noch etwas: Wofür nützen Sie diese Bleiberechtsnovelle? – Um eine neue Illegalisierungswelle<br />
auszulösen! Sie sagen, selbst dann, wenn jemand seit 20 Jahren ganz<br />
legal hier lebt und die Frist für die Visaverlängerung auch nur um einen Tag versäumt,<br />
muss er ins Ausland und von dort aus einen Antrag stellen. Er wird behandelt wie<br />
jemand, der noch nie in Österreich gelebt hat. Und das versuchen Sie auch noch als<br />
Verbesserung zu verkaufen! Meine Damen und Herren, so löst man keine Probleme,<br />
so schafft man höchstens neue Bleiberechtsfälle! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf<br />
des Abg. Kößl.)<br />
Sehen Sie, wenn Sie eine verantwortungsvolle Regierung sind, den Tatsachen bitte ins<br />
Auge! (Abg. Kößl: Sie haben keine Ahnung von dieser gesetzlichen Grundlage!) Es<br />
nützt nichts, Menschen weiterhin jahrelang zu schikanieren (Abg. Strache: Asylbetrüger<br />
sind abzuschieben!); Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen<br />
lassen, die sich hier inzwischen integriert haben, deren Kinder hier in die Schule<br />
gehen, die Nachbarn sind von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern,<br />
Menschen, für die sich sehr viele Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden eingesetzt<br />
haben und sich auch weiterhin einsetzen.<br />
Wir alle, nehme ich an, als Nationalratsabgeordnete, haben viele Mails bekommen mit<br />
dem Titel „Für Menschlichkeit und Vernunft“, Mails von Bürgerinnen und Bürgern von<br />
Bleiberechtsinitiativen. (Ruf bei der ÖVP: Die sollten Sie sich zu Herzen nehmen!) Ich<br />
möchte beides betonen: Menschlichkeit und Vernunft, nicht nur Menschlichkeit, denn<br />
in vielen Reden wird hier versucht, das so abzutun: Ja, die Gutmenschen, die Grünen,<br />
wollen das schon wieder ändern!<br />
Eine Prognose: Dieses Gesetz wird nicht halten! (Beifall bei Abgeordneten der<br />
Grünen.)<br />
Um zwei der krassesten Verschlechterungen wieder wegzubringen, bringe ich einen<br />
Abänderungsantrag der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde ein, in dem<br />
wir verlangen, dass Artikel 3 Ziffer 5 und Artikel 3 Ziffer 14 der Regierungsvorlage<br />
entfallen, denn es ist nicht einzusehen, dass eine Innenministerin in ein einmal erteiltes<br />
Bleiberecht eingreift und es drei Jahre lang als nichtig erklären kann.<br />
Es ist darüber hinaus nicht einzusehen, dass Menschen, die jahrzehntelang in Österreich<br />
gelebt haben und nicht straffällig geworden sind, von einem Tag auf den nächsten<br />
schlicht und ergreifend illegalisiert werden, weil sie vielleicht vergessen haben,<br />
darauf zu schauen, wann ihr Visum abgelaufen ist, und den Antrag einen Tag zu spät<br />
eingebracht haben. (Abg. Großruck: Wenn Sie Ihren Antrag zu spät einbringen, wird<br />
er auch nicht mehr angenommen! Dann ist es ein erster Antrag! – Abg. Kößl: Es geht<br />
nicht, dass man sagt: Tür und Tor auf!)