Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 116<br />
tes <strong>auf</strong> ihr „medizinisches Können“. Auf diese Weise reproduziert sich ein System,<br />
das durch die Kolonialmedizin implantiert <strong>wurde</strong>. 227<br />
Auch wenn die Zwangsarbeit abgeschafft <strong>wurde</strong>, hat die Landbevölkerung angesichts<br />
einer Klassenmedizin, die im Dienst einer städtischen Minderheit steht, und die sowohl<br />
die ländlichen Massen als auch die SlumbewohnerInnen zum Opfer endemischer<br />
Krankheiten werden läßt, noch immer den Eindruck, daß sie nicht selbst ‚Herr‘ ihres<br />
eigenen Schicksals ist: „Auf ihrer Ebene nehmen sie den Unterschied zwischen der<br />
Kolonisierung und den neuen Regimes nicht wahr. Vielleicht haben die Herren bloß<br />
die Farbe gewechselt.“ 228<br />
Einen gesonderten Abschnitt 229 widmet Jean-Marc Ela - als Abschluß seiner Analyse -<br />
dem medizinischen Beitrag der christlichen Missionen, deren Geschichte untrennbar<br />
mit medizinischen Aktivitäten verbunden ist: Nicht nur, daß fast jede Mission und fast<br />
jeder Kirchenbezirk über kurz oder lang eine Poliklinik bzw. ein Krankenhaus errichtete,<br />
nicht nur, daß sich ein großer Teil der Ordensschwestern der medizinischen Arbeit<br />
widmet und daß die MissionarInnen in der Regel zu einfachen ärztlichen Tätigkeiten in<br />
der Lage sein müssen - es ist auch so, daß die europäische Medizin in vielen - v.a. den<br />
ländlichen - Gebieten Afrikas praktisch nur durch die missionarischen Einrichtungen<br />
vertreten ist. Größtenteils sind die Missionsstationen identisch mit Ambulanzen oder<br />
Hospitälern, wenn sie sich nicht sogar als regelrechte Kliniken darstellen.<br />
Auch wenn diese meist solide Einrichtungen mit <strong>einem</strong> einsatzfreudigen und gewissenhaften<br />
Personal sind, so entgehen sie dennoch nur schwer einer gewissen Ambivalenz:<br />
Zum einen besteht die Gefahr einer missionarischen Instrumentalisierung der<br />
Werke der sozialen Fürsorge (Schulen, Ambulanzen, Hospitäler). Besonders in islamischen<br />
Gebieten, wo der Proselytismus nicht geduldet ist, und im Kontext konfessioneller<br />
Rivalitäten 230 , stößt die Verbindung von Mission und Medizin <strong>auf</strong> Mißtrauen. Zum<br />
anderen besteht der Verdacht, daß in <strong>einem</strong> System der Unterdrückung und Beherrschung<br />
die gängigen medizinischen Praktiken in den Missionen der Aufrechterhaltung<br />
jener Mechanismen dienen, die jene Verhältnisse immer wieder reproduzieren, welche<br />
die Ursache für Elend und Krankheiten sind - allein schon dadurch, daß der Bruch mit<br />
<strong>einem</strong> medizinischen System, das eine Elite begünstigt, nicht vollzogen wird.<br />
Jean-Marc Elas Gesamteinschätzung der Medizin in Afrika, insbesondere der von den<br />
Missionen betriebenen, drückt sich in folgendem Text sehr gut aus:<br />
227 „L’image de la médecine qui se profile, en cohérence avec l’ensemble du système, est celle d’une pratique<br />
médicale confisquée par une hiérarchie médicale gérant la santé comme une entreprise à caractère<br />
technique, incapable de déboucher sur l’auto-organisation des populations et leur capacité d’initiative.<br />
Une telle auto-organisation amènerait à repenser tout le mode d’exercice de la médecine et, en<br />
définitive, à démystifier le rôle des médecins [...]. Dans la situation actuelle, leur participation au<br />
pouvoir social de la bourgeoisie d’État se fonde sur leur ,pouvoir médical‘. Ainsi se reproduit un système<br />
implanté par la médecine coloniale“; a.a.O., S. 104 (Mein Glaube als Afrikaner, S. 88f).<br />
228 „A leur niveau, ils ne perçoivent pas la différence entre la colonisation et les nouveaux régimes. Peutêtre<br />
les maîtres ont-ils seulement changé de couleur“; ebd. (Mein Glaube als Afrikaner, S. 89).<br />
229 „Missions chrétiennes et action sanitaire“; a.a.O., 105f (Mein Glaube als Afrikaner, 90f).<br />
230 So ist es z.B. für Mitglieder der einen Konfession schwierig, sich in medizinischen Einrichtungen der<br />
anderen Konfession behandeln zu lassen.