Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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3 Hermeneutik und Methode der théologie sous l’arbre - Der epistemologische Bruch 149<br />
selbst und der Welt zu sein, realisiert - ist der Geist Gottes: „Wo aber der Geist des<br />
Herrn ist, da ist Freiheit“. 93 Es ist der „Geist, der zu den Kirchen Afrikas spricht, daß<br />
sie den Armen ein Evangelium verkünden sollen, das sie befreit.“ 94 Zugleich ist er<br />
„eine Energiequelle für eine Welt im Prozeß der Schöpfung“. 95 Doch diese schöpferische<br />
Energie bzw. Lebenskraft muß in den Menschen erst einmal freigesetzt werden -<br />
sie ist zu „befreien“ (libérer), sagt Jean-Marc Ela. 96<br />
Aber es ist keineswegs nur der Geist, der befreit werden muß. Befreiung ist ein umfassendes,<br />
globales Projekt und umfaßt verschiedenste Aspekte und Dimensionen: das<br />
Evangelium bzw. das Wort Gottes, das (afrikanische) Christentum, den (afrikanischen)<br />
Menschen, die Armen, die Unterdrückten bzw. die unterdrückten Völker, den afrikanischen<br />
Kontinent, „die (Einzel-)Person, die Gesellschaft und die ganze materielle Welt“<br />
...:<br />
1.) <strong>Das</strong> Evangelium: Angesichts dessen, daß dem Evangelium im L<strong>auf</strong>e der Geschichte<br />
des öfteren Gewalt angetan <strong>wurde</strong>, stellt Jean-Marc Ela in Mein Glaube als Afrikaner,<br />
S. 127, die Frage: „Wie können wir das Evangelium ,befreien‘, damit es zum Ferment<br />
der Befreiung werden kann in <strong>einem</strong> sozio-religiösen Kontext, in dem man entdeckt,<br />
daß der Gott Jesu Christi die Rolle zurückweist, die man ihn hat spielen lassen<br />
bei der Sakralisierung jener Mächte, gegen die er protestiert?“ 97 An anderer Stelle<br />
fordert Jean-Marc Ela dazu <strong>auf</strong>, das Evangelium aus den Fesseln eines „verbürgerlichten“<br />
(„embourgeoisé“) Christentum zu befreien. 98<br />
93<br />
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95<br />
96<br />
97<br />
98<br />
Jean-Marc Ela zitiert diese Stelle aus 2 Kor 3,17 in Voici le temps des héritiers, S. 250.<br />
„[...] l’Esprit qui parle aux Églises d’Afrique pour annoncer aux pauvres un Évangile qui les libère“;<br />
a.a.O., S. 253.<br />
„[...] l’Esprit est une source d’énergie pour un monde en création“; Le Cri de l’homme Africain, S. 134f<br />
(African Cry, S. 111).<br />
„[...] ,libérer‘ les énergies mises par l’Esprit dans la vie des baptisés“; Voici le temps des héritiers, S. 165.<br />
Von den Get<strong>auf</strong>ten spricht Jean-Marc Ela in diesem Zusammenhang nicht etwa, weil nur sie es wären,<br />
in denen der Geist seine/ihre kreative Energie und Lebenskraft weckt, sondern weil insbesondere bei<br />
ihnen diese Energien durch die vorherrschenden kirchlichen Strukturen eher gezügelt als freigesetzt<br />
sind.<br />
„[...] comment ,libérer‘ l’Évangile pour lui permettre d’être ferment de libération dans un contexte<br />
socio-religieux où l’on découvre que le Dieu de Jésus Christ résiste au rôle qu’on lui a fait jouer en<br />
sacralisant les pouvoirs qu’il conteste?“; Ma foi d’Africain, S. 145.<br />
A.a.O., S. 69 (Ma foi d’Africain, S. 80). - Mit diesem Anliegen kommt Jean-Marc Ela dem Verständnis<br />
von Geschichte recht nahe, wie es Walter Benjamin in seinen Reflexionen über den Begriff der Geschichte<br />
formulierte: „Vergangenes historisch artikulieren heißt nicht, es erkennen ,wie es denn eigentlich<br />
gewesen ist‘. Es heißt, sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr <strong>auf</strong>blitzt.<br />
[...] Die Gefahr droht sowohl dem Bestand der Tradition wie ihren Empfängern. Für beide ist sie<br />
ein und dieselbe: sich zum Werkzeug der herrschenden Klasse herzugeben. In jeder Epoche muß versucht<br />
werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie<br />
zu überwältigen. Der Messias kommt ja nicht nur als der Erlöser; er kommt als der Überwinder des Antichrist.<br />
Nur dem Geschichtsschreiber wohnt die Gabe bei, im Vergangenen den Funken der Hoffnung<br />
anzufachen, der davon durchdrungen ist: auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht<br />
sicher sein. Und dieser Feind hat zu siegen nicht <strong>auf</strong>gehört“; WALTER BENJAMIN, Über den Begriff der Geschichte,<br />
in: Sprache und Geschichte. Philosophische Essays, Stuttgart (Reclam), 1992, 141-154, S. 144.<br />
In diesem Sinn gebraucht Jean-Marc Ela auch den von Johann Baptist Metz übernommenen Begriff eines<br />
„gefährlichen und subversiven Gedächtnisses“ Jesu Christi; Mein Glaube als Afrikaner, S. 143 (Ma<br />
foi d’Africain, S. 162). Im selben Sinn ist auch sein Interesse an der afrikanischen Geschichte zu verstehen;<br />
vgl. z.B. seine Analyse der prophetischen Bewegungen (siehe oben Kap. 2.3) oder seine Kritik eines<br />
„kulturellen Romantizismus“ (siehe unten Kap. 5).