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Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info

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5 Die Praxis der théologie sous l’arbre am Beispiel von Jean-Marc Elas Analyse und Kritik des<br />

„kulturellen Romantizismus“ 220<br />

der Herrschaft des internationalen Kapitalismus auszuliefern, dann ist die Ablehnung<br />

importierter Ideologien nichts als eine pure Mystifizierung, denn sie<br />

läßt die neo-koloniale Ausbeutung intakt. 39<br />

Die Politik der „Authentizität“ erweckt den Eindruck, als ginge es ihr nur darum, daß<br />

die Massen nichts über ihre reale Situation erfahren. Dadurch, daß sie vor jeglicher<br />

revolutionären Kritik des herrschenden Systems ‚behütet‘ werden sollen, wird es ihnen<br />

tatsächlich aber verwehrt, zu <strong>einem</strong> Wissen und Bewußtsein um ihre faktische Entfremdung<br />

zu kommen und ihre wirkliche Authentizität zu erringen. Die Ideologie der<br />

„Authentizität“ schreckt auch nicht davor zurück, für ihre Zwecke die Geschichte zu<br />

fälschen, indem sie den Massen weismacht, daß „das Afrika der Ahnen keine internen<br />

Gegensätze und Konflikte gekannt hätte“ 40 , so als „sei in der Vergangenheit alles nur<br />

Ordnung und Stabilität, Einstimmigkeit und Harmonie gewesen.“ 41 Auf diese Weise<br />

„will man im Namen der Tradition die bedingungslose Unterwerfung unter eine absolute<br />

Herrschaft rechtfertigen, die zu Repression und Folter führt, wie auch zum Verschwinden<br />

jeder Opposition.“ 42<br />

In Anlehnung an Frantz Fanon, der skeptisch war in bezug <strong>auf</strong> den Nutzen einer systematischen<br />

Glorifizierung der Vergangenheit für den Aufbau einer gerechten Zukunft,<br />

proklamiert Jean-Marc Ela das Ende der „Zeit des schwarzen Orpheus“ 43 :<br />

Angesichts der großen Finanz- und Industrieimperien - uneinnehmbare Zitadellen<br />

des Kapitals - braucht es etwas anderes als Musik und Tanz, Masken und<br />

Lächeln. Die Suche nach der Authentizität durch den Rhythmus kann für das<br />

heutige Afrika eine Gefahr sein. Dem Neger zu sagen, daß er zuvörderst ganz<br />

39<br />

40<br />

41<br />

42<br />

43<br />

„Le traditionalisme culturel qui alimente la rhétorique de l’authenticité masque la perception claire de<br />

l’exploitation économique fondamentale que constitue le système d’économie coloniale qui n’a pas été<br />

détruit par la proclamation des indépendances bidons. Si l’on ne peut édifier un système culturel<br />

indépendant qui abriterait les masses dans le paradis de l’authenticité sans renoncer à livrer l’économie<br />

de l’Afrique à la domination du capitalisme international, le rejet des idéologies importées est une pure<br />

mystification, car il laisse intacte l’exploitation néocoloniale“; ebd.<br />

„[...] l’Afrique ancestrale aurait ignoré les oppositions et conflits internes“; a.a.O., S. 152 (African Cry, S.<br />

127).<br />

„Tout n’aurait été dans le passé qu’ordre et stabilité, unanimité et harmonie“; ebd. - Jean-Marc Ela geht<br />

also umgekehrt davon aus, daß die ancestrale Kultur ökonomische und politische Komponenten enthält,<br />

die von den „Ethnophilosophen“ und den Vertretern einer Politik der „Authentizität“ nicht zur Sprache<br />

gebracht werden. <strong>Das</strong> kulturelle Erbe ist in Wirklichkeit die Frucht von Machtkämpfen und spiegelt die<br />

Position der Sieger dieser Kämpfe wieder. Im Erbe der Väter, d.h. dem Diskurs der Sieger, sind von daher<br />

Unterdrückungsmechanismen und Gewalt verborgen. - Mit dieser Einsicht befindet sich Jean-Marc<br />

Ela <strong>auf</strong> einer Linie mit dem in Benin lebenden Philosophen Paulin J. Hountondji (* 1942 in Abidjan), der<br />

bzgl. des Umgangs mit der mündlichen Literatur im ethnophilosophischen Diskurs Kritik übt an der<br />

Abstrahierung von deren konkretem Kontext: „In diesem Prozeß geht der ursprüngliche Geschmack<br />

dieser Texte, ihr Sinn und letztlich ihre theoretische Bedeutung verloren. Schlimmer noch: Es verstellt<br />

ihre historische Relativität als Texte, die zu bestimmten Zeiten von <strong>einem</strong> einzelnen oder einer Gruppe<br />

von Individuen hervorgebracht worden sind, welche von bestimmten Interessen motiviert waren, die<br />

ihn oder sie in Gegensatz zu anderen Gruppen oder Individuen oder Gruppen von Individuen gebracht<br />

haben mögen“; PAULIN J. HOUNTONDJI, Afrikanische Philosophie. Mythos und Realität, Berlin (Dietz),<br />

1993 (franz. Orig.: 1977), S. 212f.<br />

„C’est au nom de la tradition qu’on voudrait justifier la soumission inconditionnelle au pouvoir absolu<br />

qui conduit à la répression et à la torture, ainsi qu’à la disparition de toute opposition“; Le Cri de<br />

l’homme Africain, S. 152.<br />

„[...] le temps des Orphées noirs est fini“; ebd.

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