Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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5 Die Praxis der théologie sous l’arbre am Beispiel von Jean-Marc Elas Analyse und Kritik des<br />
„kulturellen Romantizismus“ 214<br />
Die „Krise der Négritude“:<br />
Jean-Marc Elas Analyse und Kritik des „kulturellen Romantizismus“<br />
In diesem Abschnitt ist insbesondere Jean-Marc Elas Kritik der „Négritude“ und die Konsequenzen,<br />
die er aus dieser Kritik für die afrikanische Kirche zieht, hervorzuheben. - Die Négritude ist<br />
eine in den dreißiger Jahren von afrikanischen und westindischen Intellektuellen ins Leben<br />
gerufene Bewegung, die als Reaktion <strong>auf</strong> die rigorosen Assimilationsversuche insbesondere der<br />
französischen Kolonialmacht die Rückbesinnung <strong>auf</strong> die Werte der afrikanischen Kulturen propagiert.<br />
Es geht dabei v.a. um eine kulturelle Identitätsfindung und die Wiedergewinnung der<br />
Selbstachtung des afrikanischen Menschen. Die abendländisch-westliche Zivilisation erfährt<br />
hierbei eine kritische Relativierung. Diese kulturelle Rückbesinnung ist u.a. getragen von der<br />
Erkenntnis, daß ohne eine kulturelle Befreiung auch keine politische möglich ist. Ethnologische<br />
Erkenntnisse spielen dabei eine große Rolle, insofern sie überhaupt erst das erforderliche Material<br />
zur Rekonstruktion der afrikanischen Traditionen bereitstellen. Prominenteste Vertreter der<br />
Négritude-Bewegung bzw. deren Mitbegründer sind Léon-Gontran Damas (1912-1978; geb. in<br />
Frz.-Guayana), Aimé Césaire (geb. 1913 in Martinique) und Léopold Sédar Senghor (geb. 1906<br />
in Senegal). Diese drei Lyriker, Schriftsteller und/oder Politiker gründeten als Studenten 1934 in<br />
Paris die Zeitschrift L’Étudiant Noir: das „Sprachrohr“ der Négritude-Bewegung.<br />
Jean-Marc Elas Auseinandersetzung mit der Négritude im 8. Kapitel von Le Cri de l’homme<br />
Africain („Authenticité et aliénation“; 145-160) 7 ist ein exzellentes Beispiel für die ideologiekritische<br />
Funktion der Theologie. Dieser Text bzw. seine Argumentation soll im folgenden rekonstruiert<br />
werden.<br />
Jean-Marc Ela beginnt seine Ausführungen mit <strong>einem</strong> Hinweis <strong>auf</strong> den Ersten Kongreß<br />
schwarzer Schriftsteller und Künstler, den er „ein wirkliches Bandung der schwarzen<br />
Kultur“ 8 nennt. Seit dieser Zeit „haben die afrikanischen Christen nicht <strong>auf</strong>gehört,<br />
ihrem Wunsch Ausdruck zu verleihen, daß die Kirche die Werte der afrikanischen<br />
Tradition berücksichtigen und sich die Ausdrucksformen des schwarzen Menschen zu<br />
eigen machen möge“ 9 . Spätestens mit der Veröffentlichung des Buches Des Prêtres<br />
noirs s’interrogent 10 zieht die Idee einer „Indigenisierung“ („indigénisation“) des<br />
Glaubens die Aufmerksamkeit weiter christlicher Kreise in Afrika <strong>auf</strong> sich. Auch wenn<br />
die afrikanischen Bischöfe <strong>auf</strong> dem Zweiten Vatikanischen Konzil „die Stimme Afrikas<br />
zu den Problemen hinsichtlich der Beziehungen zwischen Glaube und Kultur“<br />
einbringen konnten, so muß doch zugleich festgehalten werden, daß sich im konkreten<br />
Leben vieler Gemeinden kaum etwas geändert hat, insofern „man sogar in verschiedenen<br />
Kirchen dabei ist, zu vorkonziliaren Denkweisen und pastoralen Optionen zurück-<br />
7<br />
8<br />
9<br />
10<br />
„Authenticity and Alienation“; African Cry, 121-134.<br />
„[...] un véritable Bandoeng de la culture noire“; Ma foi d’Africain, S. 145 (African Cry, S. 121). - Auf<br />
diesem Ersten Kongreß schwarzer Schriftsteller und Künstler 1956 in Rom hatte Frantz Fanon seine<br />
vielbeachtete Rede über „Rassismus und Kultur“ gehalten (zuerst veröffentlicht in der Sondernummer<br />
von Présence Africaine, Juni/Nov. 1956; dtsch. u.a. in: FRANTZ FANON, <strong>Das</strong> kolonisierte Ding wird<br />
Mensch. Ausgewählte Schriften, Leipzig (Reclam), 1986, 134-148).<br />
„[...] les chrétiens d’Afrique n’ont cessé d’exprimer le désir de voir l’Eglise prendre en considération les<br />
valeurs de la tradition africaine et d’assumer les formes d’expression de l’homme noir“; Le Cri de<br />
l’homme Africain, S. 145 (African Cry, S. 121).<br />
Des Prêtres noirs s’interrogent, Brüssel, 1956 (dtsch.: Schwarze Priester melden sich, Frankfurt, 1960).