Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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3 Hermeneutik und Methode der théologie sous l’arbre - Der epistemologische Bruch 154<br />
3.4.3 Jean-Marc Ela als Theologe bzw. als theologischer Schriftsteller<br />
Vorrang vor der Theologie im Sinn eines festumrissenen Lehr-, Lern- und Forschungsstoffes<br />
hat für Jean-Marc Ela das Theologietreiben 115 , die „theologische Praxis“.<br />
Nichtsdestotrotz nimmt er auch theologische Beiträge von anderen interessiert zur<br />
Kenntnis. Als eigenständiger theologischer Schriftsteller ist er im übrigen recht produktiv.<br />
Der für Jean-Marc Ela spezifische theologische Ansatz beginnt mit dem sich Einlassen<br />
<strong>auf</strong> das konkrete Leben konkreter Menschen in <strong>einem</strong> konkreten Kontext. Geleitet wird<br />
er dabei von der biblischen Option für die Armen und Gottes Parteinahme für die Unterdrückten<br />
und Ausgebeuteten. Seine Entscheidung dafür, das Leben marginalisierter<br />
Menschen zu teilen, ist theologisch motiviert: Wer Christus heute begegnen will, muß<br />
die Gemeinschaft mit den Menschen suchen, mit denen dieser sich nach dem biblischen<br />
Zeugnis identifiziert. Dies fordert Jean-Marc Ela nicht nur von seiner Kirche,<br />
sondern er hat damit selbst ernst gemacht - was sich im autobiographischen Charakter<br />
seiner Schriften widerspiegelt, die als solche einen Moment darstellen in <strong>einem</strong> dialektischen<br />
Prozeß von Praxis und Reflexion.<br />
Auf der einen Seite der intensive Bezug <strong>auf</strong> einen Gott, der mit dem Projekt der Befreiung<br />
und einer gerechten Gesellschaft assoziiert wird, <strong>auf</strong> der anderen Seite die<br />
Selbstpositionierung an die Seite der Unterdrückten, Ausgebeuteten und Marginalisierten:<br />
die logische Konsequenz der dialektischen Beziehung dieser beiden Momente ist<br />
Gesellschafts- und Ideologiekritik als konstitutiver Bestandteil der theologischen Praxis<br />
von Jean-Marc Ela - letztlich eine un<strong>auf</strong>gebbare Funktion von Theologie überhaupt,<br />
sofern sie tatsächlich Theologie ist und nicht in Wirklichkeit von etwas anderem<br />
redet.<br />
Die Suche nach Antworten <strong>auf</strong> die Herausforderungen des heutigen Afrikas ist ein<br />
zentraler Aspekt von Jean-Marc Elas Publikationen. Diese sind in der Regel so <strong>auf</strong>gebaut,<br />
daß sie ausgehend von einer Bestands<strong>auf</strong>nahme und Analyse drängender Probleme<br />
des afrikanischen Kontextes und im Licht einer biblisch-theologischen Orientierung<br />
scharfe Fragen an die afrikanischen ChristInnen, TheologInnen und Kirchen richten<br />
- als einen mit einer prophetischen Schau der Wirklichkeit verbundenen prophetischen<br />
Umkehrruf.<br />
3.5 Konsequenzen<br />
Abschließend benenne ich noch kurz einige Konsequenzen, die sich aus dem oben beschriebenen<br />
methodischen Ansatz der théologie sous l’arbre und der ihr zugrunde liegenden Hermeneutik in<br />
ökumenischer Perspektive ergeben.<br />
115 Für Immanuel Kant war, in vergleichbarer Weise, Philosophie in erster Linie Philosophieren - und nicht<br />
das Repetieren von „Philosophien“ bzw. der Philosophiegeschichte. Dies hing zusammen mit s<strong>einem</strong><br />
Verständnis von Aufklärung als „Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit“. Philosophieren<br />
heißt in diesem Sinn: „lernen, seinen eigenen Verstand zu gebrauchen“, also in intellektueller Hinsicht<br />
mündig bzw. „Subjekt“ zu werden. Zu fragen wäre allerdings, wie „selbstverschuldet“ die von ihm so<br />
angeklagte „Unmündigkeit“ tatsächlich war (ist) und welche Rolle dabei die gesellschaftlichen (Macht-<br />
)Verhältnisse spiel(t)en („politische Vormünder“).