Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 96<br />
mitten ins Zentrum der evangelischen Botschaft führt und diese messianischen bzw.<br />
prophetischen Bewegungen zu einer Herausforderung für die etablierten Kirchen werden<br />
läßt. Denn diese Bewegungen - die zu einer Dimension der Religionen Afrikas<br />
geworden sind, die im Kontakt mit der Bibel die Situation der Menschen in <strong>einem</strong><br />
Kontext der Beherrschung neu überdenken, und die eine Symbolik des Glaubens entwickeln,<br />
die den afrikanischen Traditionen gerecht wird - „bieten eine Antwort <strong>auf</strong><br />
eine doppelte Notwendigkeit, die von den offiziellen Kirchen lange Zeit verkannt <strong>wurde</strong>“:<br />
Auf der einen Seite ist dies die Notwendigkeit der „Inkarnation der (biblischen)<br />
Botschaft“ im jeweiligen historischen Kontext, und <strong>auf</strong> der anderen Seite ist es die<br />
Notwendigkeit, „ihre Kraft der Befreiung in <strong>einem</strong> beherrschten Kontinent zur Geltung<br />
zu bringen“. 137<br />
In <strong>einem</strong> Kontext, in dem die AfrikanerInnen im Kontakt mit der europäischen Kultur<br />
lange Zeit den Mythos ihrer Verfluchung internalisiert hatten, stellen die Messianismen<br />
in der Tat eine Herausforderung dar für ein Christentum, das sich <strong>auf</strong> einen moralischen<br />
Code reduziert, der sich in einer Reihe von Riten und Verboten erschöpft. Die<br />
schwarzen Propheten, die sich präsentieren als von Gott be<strong>auf</strong>tragt mit der Verkündigung<br />
der Botschaft der Befreiung für die AfrikanerInnen, stellen dieses moralisierende<br />
Christentum grundsätzlich in Frage. Hierin sieht Jean-Marc Ela auch den Grund für das<br />
Entstehen der unabhängigen Kirchen. Genauer: „Es ist die Unfähigkeit der europäischen<br />
Kirchen, die befreiende Kraft des Evangeliums <strong>auf</strong>zudecken, was die Geburt und<br />
die Entwicklung der unabhängigen Kirchen erklärt.“ 138<br />
Auch wenn Jean-Marc Ela die afrikanische Religion hier in erster Linie in ihren positiven<br />
Aspekten hervorhebt, Vorurteile über die Rolle der Religion im Kontext der afrikanischen<br />
Geschichte aus dem Weg räumen will und sie als eine Herausforderung an<br />
das offizielle Christentum darstellt, so verkennt er dennoch nicht die Gefahren, denen<br />
so viele messianische Bewegungen erlegen sind. Diese bildeten neue Hierarchien heraus<br />
und lenkten ihren Kampf gegen das Imaginäre, gegen spirituelle Feinde, was sie<br />
dafür anfällig machte, selbst durch die reaktionärsten Regimes ausgenutzt zu werden,<br />
wenn sie sich nicht sogar von selbst in deren Dienst stellten - wie es z.B. hinsichtlich<br />
des Kimbanguismus in Zaire 139 der Fall ist. Durch die Institutionalisierung droht die<br />
Bewegung zu zerbrechen und das prophetische Element zu ersticken. Gleichwohl repräsentieren<br />
die messianischen Bewegungen „die Inkarnation des biblischen Prophetismus<br />
in einer bestimmten Geschichte - in der des zeitgenössischen Afrika“ 140 .<br />
137 Im Zusammenhang heißt es: „Ils [les mouvements prophétiques] apportent une réponse à une double<br />
exigence que le christianisme officiel a longtemps méconnue: l’incarnation du message et la mise en<br />
valeur de sa force de libération dans un continent dominé“; a.a.O., S. 64 (Dieser Passus fehlt in der<br />
englischen Übersetzung).<br />
138 „C’est l’impuissance des Eglises européennes à révéler la puissance libératrice de l’Evangile qui explique<br />
la naissance et le développement des Eglises indépendantes“; a.a.O., S. 65 (African Cry, S. 50).<br />
139 WERNER USTORF spricht von einer „Umkehrung der Position“: „aus der unterdrückten Bewegung ist eine<br />
etablierte Kirche geworden; die Gegnerschaft zum Bestehenden wechselte über in die Erhaltung des Status<br />
quo“ (a.a.O., S. 51).<br />
140<br />
„[...] l’incarnation du prophétisme biblique dans une histoire déterminée, celle de l’Afrique<br />
contemporaine“; ebd.