Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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Einleitung 16<br />
Dritte-Welt-Theologien im allgemeinen und Befreiungstheologien im besonderen stellen für uns<br />
in der Ersten Welt in verschiedener Hinsicht eine Herausforderung dar: 1.) Angesichts der Devise:<br />
„Kann denn aus der Peripherie etwas Gutes kommen?“ lassen sich diese Theologien als eine<br />
Herausforderung unserer rassistischen und kulturimperialistischen Prädispositionen verstehen;<br />
2.) konfrontieren uns diese Theologien mit dem biblischen Umkehrruf und erinnern uns an die<br />
historischen Dimensionen des Reiches Gottes - sie üben in dieser Hinsicht eine prophetische<br />
Funktion aus; 3.) stellen sie grundsätzlich die theologische Methode und Hermeneutik nordatlantischer<br />
Theologie in Frage - sie lassen sich daher als eine Anfrage im Hinblick <strong>auf</strong> Wissenschaftlichkeit,<br />
Wissenschaftstheorie und Epistemologie im allgemeinen verstehen; 4.) schließlich<br />
erinnern uns Dritte-Welt-Theologien an die Tatsache der Existenz einer Dritten Welt und ermöglichen<br />
so vielleicht den „Einbruch der Armen“ in Bewußtsein und Denken von uns Erste-Welt-<br />
TheologInnen - möglicherweise entdecken wir dann auch eine Dritte Welt in der Ersten und<br />
deren theologische Relevanz.<br />
Abschließen möchte ich diese einleitenden Vorbemerkungen über meinen biographischen<br />
Hintergrund und die Interessen, die mich bei der Beschäftigung mit Dritte-Welt-<br />
Theologie begleiten und sicher auch durch diesen Prozeß mit geprägt sind, mit einer -<br />
grob gezeichneten - Darlegung meines theologischen Vorverständnisses, von dem her<br />
ich mich der théologie sous l’arbre nähere. 11 Ich schließe dabei an die oben erwähnten<br />
Überlegungen über die Existenz Gottes an:<br />
Aufgrund der Bedingungen der Möglichkeit unserer Erfahrung haben wir - aus transzendentalphilosophischer<br />
Perspektive betrachtet - keinen Zugang zu Gott <strong>auf</strong> dem Weg<br />
der Vernunft; ihr ist Gott nicht existent, zumindest jedoch jenseitig, auch wenn er dem<br />
Glauben als Schöpfer und damit als Grund allen Seins und somit auch der Vernunft<br />
gilt. Eine wissenschaftliche Erkenntnis Gottes ist daher nicht möglich: Gott gibt es<br />
nicht als Gegenstand wissenschaftlich-theoretischer Vernunft. 12 Auf dieser Ebene lassen<br />
sich nur (Negativ-)Aussagen machen über das, was nicht „Gott“ sein kann. Hinter<br />
Kant und die Religionskritik läßt sich meiner Ansicht nach nicht zurückgehen. 13 Jede<br />
Aussage über „Gott“ ist zuallererst eine Aussage über den Menschen, sowohl als individuelles<br />
wie auch als gesellschaftliches Wesen. Ihre Wahrheit läßt sich <strong>auf</strong> der theoretischen<br />
Ebene weder beweisen noch widerlegen. Sie erweist oder widerlegt sich durch<br />
ihre ,Früchte‘, also <strong>auf</strong> der Ebene der Praxis und der menschlichen Beziehungen, die<br />
gesellschaftliche sind: Ermöglichen sie ein gelingendes bzw. gutes Leben in Fülle oder<br />
nicht, bewirken sie vielleicht sogar gerade das Gegenteil?<br />
11<br />
12<br />
13<br />
PARRATT, Theologiegeschichte der Dritten Welt. Afrika, München (Kaiser), 1991 [zitiert als: DERS., Theologiegeschichte],<br />
nicht einmal im recht umfangreichen Literaturverzeichnis <strong>auf</strong>geführt.<br />
Es geht hier tatsächlich nur um die Offenlegung meines theologischen Vorverständnisses und nicht um<br />
eine Thematisierung oder Diskussion der angesprochenen philosophisch-theologischen Probleme. Ihr<br />
Sinn ist die (andeutungsweise) Benennung meines persönlichen Standes des Versuchs, eine Lösung <strong>auf</strong><br />
diese Probleme zu finden.<br />
Es wäre im übrigen ein sehr kleiner, beherrschbarer „Gott“, der sich wissenschaftlich beweisen bzw.<br />
widerlegen ließe. Darüber hinaus hätte diese Erkenntnis nur begrenzte (theoretische) Gültigkeit, deren<br />
Grenzen durch die Grenzen der - partikulären - westlichen Kultur bestimmt sind, deren Produkt - und<br />
Art und Weise des Weltverständnisses - die (westliche) Wissenschaft ist. Gott läßt sich von ihr also<br />
nicht vereinnahmen, auch nicht in negativem Sinn (durch Widerlegung seiner „Existenz“).<br />
Dies schließt freilich eine weiterführende Kritik nicht aus (z.B. sah Kant meiner Meinung nach den die<br />
Erkenntnis der Wirklichkeit determinierenden kategorialen Rahmen zu statisch und unhistorisch).