Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 60<br />
[...] für die Massen hat die Unabhängigkeit keine großen Veränderungen gebracht.<br />
Sie bedeutete sehr oft nichts anderes als die Verpflichtung, einen Personalausweis<br />
oder den Mitgliedsausweis der Einheitspartei mit sich zu führen.<br />
Kurz, die Sonne der Unabhängigkeit scheint heute nicht über allen Afrikanern.<br />
18<br />
<strong>Das</strong> Afrika von heute ist das Afrika „von Millionen von Menschen, deren Lebensbedingungen<br />
vielleicht noch schlechter geworden sind als sie es vor der Unabhängigkeit<br />
schon waren“ 19 . Auf die Kolonisierung durch die Weißen folgt nun eine Kolonisierung<br />
von Schwarzen durch Schwarze: „eine wirkliche Kolonisierung durch den eigenen<br />
Bruder“ (une véritable colonisation du frère par frère).<br />
Angesichts dieser Situation sind viele Menschen versucht, zu denken, daß sich für sie<br />
mit der Unabhängigkeit nichts wirklich geändert hat: „Die Landbevölkerung war arm<br />
und elend unter den Weißen; sie bleibt es unter den Schwarzen.“ 20 So ist es nicht verwunderlich,<br />
daß unter diesen Menschen - die Jean-Marc Ela in Anlehnung an den Titel<br />
des berühmten Werkes von Frantz Fanon die „Verdammten der Erde“ nennt - eine<br />
latente Unzufriedenheit existiert, die jederzeit „explodieren“ und z.B. zu Hungerrevolten<br />
führen kann. Zweifelsohne stellt sich auch weiterhin das Problem der Befreiung.<br />
Von daher erweist sich die angebliche politische Stabilität gewisser Regimes - insbesondere<br />
Kamerun wird häufig zu diesen „stabilen“ Ländern gerechnet 21 - als eine Ideo-<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
„[...] pour les masses, l’indépendance n’a pas changé grand’chose [sic!]. Elle n’a été marquée, pour<br />
beaucoup, que par l’obligation de la carte d’identité ou du parti unique. Bref, Les Soleils de<br />
l’indépendance n’éclairent pas aujourd’hui tous les Africains“; a.a.O., S. 77f (African Cry, S. 60f).<br />
„[...] celle des millions d’hommes dont les conditions de vie sont peut-être devenues pires que celles<br />
d’avant l’indépendance“; a.a.O., S. 78 (African Cry, S. 61). Vgl. auch ENGELBERT MVENG, a.a.O., S. 109:<br />
„Even after African independence, new mechanisms of pauperisation, enslavement and domination,<br />
under the guises of technical assistance, debt, structural adjustment and humanitarian intervention,<br />
have reduced Africa in such a way as to make it today a horrible and lamentable battlefield of famine,<br />
AIDS, tribal wars and genocide. These are the factors of what we call anthropological pauperisation, in<br />
two senses, active and passive. Pauperisation is passive when one becomes poor, losing what one was,<br />
what one had and what one was able to achieve. Pauperisation is active when an external agent makes<br />
someone become poor, depriving one of what one was, what one had and what was able to achieve. Yet<br />
when the deprivation involves not only material or physical goods, but also the essence of our personality,<br />
our identity, our dignity, our cultural heritage, our past, our present and our future, our rights, our<br />
existence, our capacity to choose, to love, to give to ourselves a sense of our existence, then poverty becomes<br />
deprivation of what constitutes the essence of our human personhood; poverty becomes, properly,<br />
anthropological.“ Diesen Begriff einer allumfassenden „anthropologischen Armut“ („pauvreté anthropologique“)<br />
hat Jean-Marc Ela von Engelbert Mveng übernommen; vgl. Le rôle des Eglises, S. 291.<br />
„Les paysans étaient pauvres et misérables avec les Blancs; ils le demeurent avec les Noirs“; ebd.<br />
Dieser Eindruck ist eng verbunden mit dem ersten Präsidenten Kameruns, Ahmadou Ahidjo, der schon<br />
vor der Gründung der „Bundesrepublik Kamerun“ am 1. Oktober 1961 Präsident des seit 1.1.1960 unabhängigen<br />
Ostkamerun war und sich dann als Präsident der Föderation über zwei Jahrzehnte lang an<br />
der Macht halten konnte, bis er diese 1982 an Paul Biya abgab, der bis heute amtierender Präsident ist<br />
(1984 durch Wahl legitimiert). Wie Ahidjo besitzt auch Biya heute weitreichende diktatorische Vollmachten<br />
- trotz der Phase einer gewissen „Demokratisierung“, die 1992 in die ersten Mehrparteienwahlen<br />
zum Präsidentschaftsamt mündete, die Biya trotz zahlreicher Fälschungen und Manipulationen<br />
nur knapp gewann. Als Staatschef ist Paul Biya zugleich auch Vorsitzender der regierenden Einheitspartei<br />
RDPC (Rassemblement Démocratique du Peuple Camerounais) und Oberbefehlshaber der kamerunischen<br />
Armee. Qua Amt ist er nicht nur Chef der Exekutive, sondern auch der Jurisdiktion. Seine Vollmacht,<br />
über die Tagesordnung des Parlaments zu entscheiden, bedeutet die faktische Entmachtung der<br />
kamerunischen Volksvertretung; vgl. dazu auch die junge welt vom 8. Nov. 1995, S. 10, und ANDREAS<br />
MEHLER, Kamerun in der Ära Biya, a.a.O., passim.