Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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4 Die biblisch-theologischen Grundlagen der théologie sous l’arbre 173<br />
4.3 Kreuz<br />
Klauspeter Blaser konstatiert für Afrika „ein neues Interesse an der Kreuzestheologie“ 67 und<br />
verweist als Beleg hierfür <strong>auf</strong> Jean-Marc Ela. In der Tat hat - neben dem Exodus - das Kreuz für<br />
Jean-Marc Elas Theologie eine konstitutive Bedeutung. Dies legt schon die Bezeichnung seiner<br />
Theologie als théologie sous l’arbre nahe - insofern, als der Begriff „<strong>Baum“</strong> u.a. „Baum des<br />
Kreuzes“ bedeutet. 68 Außerdem verweisen die Überschriften verschiedener Abschnitte in s<strong>einem</strong><br />
1985 erschienen Buch Ma foi d’Africain explizit <strong>auf</strong> das Kreuz: „La croix du Tiers monde“ 69 ;<br />
„Regarder le monde à partir de la croix“ 70 ; „Le calvaire d’un peuple“ 71 . Implizit - von der Begriffsbedeutung<br />
her - hat auch das Schlußkapitel („La théologie sous l’arbre“) 72 in seiner Überschrift<br />
einen Bezug zum Kreuz. Für die folgende Darstellung bildet der Abschnitt „Regarder le<br />
monde à partir de la croix“ die zentrale - jedoch nicht alleinige - Grundlage, da Jean-Marc Ela an<br />
dieser Stelle seine Kreuzesinterpretation am ausführlichsten darlegt.<br />
Grundlegend für Jean-Marc Elas Verständnis des Kreuzes ist seine Überzeugung, daß<br />
Jesu Tod weder von s<strong>einem</strong> konkreten Leben noch von seiner Auferstehung getrennt<br />
werden kann. Jesu Tod ist das tatsächliche Ende seines Lebens, das dadurch geprägt<br />
war, daß er „permanent mit den unterdrückerischen sozio-religiösen Mächten und<br />
Apparaten in Konflikt“ 73 geriet: „Als Opfer repressiver Gewalt bezahlt Jesus die<br />
Kühnheit seines subversiven Projektes mit s<strong>einem</strong> Leben.“ 74 Jesus stirbt in Jerusalem,<br />
dem Zentrum der politischen und religiösen Macht; hier war es auch, wo er das herrschende<br />
System angegriffen hatte. Jean-Marc Ela rekapituliert:<br />
In einer Gesellschaft, die zum Nachteil des Lebens und der Gerechtigkeit dem<br />
Kult und der Beobachtung des Gesetzes den Vorzug gibt, ist das, was Jesus zum<br />
Tode führt, seine Option für die Armen und Unterdrückten. Jesus wird als Gotteslästerer<br />
verurteilt, weil er den Armen den Gott des Exodus offenbart hat. 75<br />
Jean-Marc Ela versteht den Tod Jesu im Kontext historischer Konflikte - paradigmatisch<br />
hierfür ist die Knechtschaft in Ägypten bzw. der Exodus -, bei denen Gott nach<br />
biblischem Zeugnis immer Partei für die Schwachen ergreift 76 . In diesem Sinn macht<br />
67<br />
68<br />
69<br />
70<br />
71<br />
72<br />
73<br />
74<br />
75<br />
76<br />
KLAUSPETER BLASER, Volksideologie und Volkstheologie. Ökumenische Entwicklungen im Lichte der<br />
Barmer Theologischen Erklärung (Ökumenische Existenz heute; Bd. 7), München (Kaiser), 1991, S. 83.<br />
Zum Begriff der théologie sous l’arbre vgl. oben S. 27-31.<br />
Ma foi d’Africain, 130-132 (Mein Glaube als Afrikaner, 114-116).<br />
A.a.O., 140-144 (Mein Glaube als Afrikaner, 123-127).<br />
A.a.O., 156-160 (Mein Glaube als Afrikaner, 137-140).<br />
A.a.O., 215-218 (Mein Glaube als Afrikaner, 194-197).<br />
„Il s’agit de l’aboutissement d’un drame lié à toute la trame de la vie de Jésus sans cesse en conflit avec<br />
les forces et les appareils socio-religieux oppressifs“; Ma foi d’Africain, S. 140 (Mein Glaube als<br />
Afrikaner, S. 124).<br />
„Victime d’une violence répressive, Jésus paie de sa vie les audaces de son projet subversif“; ebd.<br />
„Dans une société qui privilégie le culte et l’observation de la loi, au détriment de la vie et de la justice,<br />
ce qui conduit Jésus à la mort, c’est son option pour les pauvres et les opprimés. Jésus est condamné<br />
comme blasphémateur pour avoir révélé aux pauvres le Dieu de l’Exode“; ebd.<br />
Ganz so eindeutig scheint diese Parteilichkeit Gottes nicht zu sein. Mir ist z.B. nicht bewußt, daß Gott<br />
für die bei der „Landnahme“ unterlegenen „KanaanäerInnen“ Partei ergriffen hätte; auch ist von einer<br />
göttlichen Unterstützung für die Emanzipationsbestrebungen von Frauen kaum die Rede. In der Tat lassen<br />
sich in der Bibel verschiedene theologische Strömungen identifizieren, die jeweils andere soziale