Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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2 Der Kontext der théologie sous l’arbre 94<br />
durch die Kolonialmacht, daß immerhin die Repräsentanten der herrschenden Ordnung<br />
deren subversiven Charakter sehr wohl wahrnahmen:<br />
Seinen Einfluß in Erwägung ziehend, konnte die Kolonialmacht den Bereich<br />
des Religiösen nicht sich selbst überlassen; sie kontrollierte ihn und suchte, ihn<br />
zu zerstören in dem Maße, wie sich hinter den Versuchen zur Versöhnung der<br />
Bibel mit der ancestralen Tradition Kräfte der Befreiung verbargen. In dem<br />
Moment, als das offizielle Christentum in der Institution versackte und durch<br />
das koloniale System domestiziert <strong>wurde</strong>, bestätigen die Messianismen den Willen<br />
nach Afrikas Autonomie und Unabhängigkeit. 132<br />
Insofern sich in diesen religiösen Bewegungen Elemente der Befreiung äußern - was<br />
der Marxismus jeder Religion abspricht - und sie sich somit als eine soziale Kraft erweisen,<br />
läßt sich Religion nicht <strong>auf</strong> die Beziehung zum „Übernatürlichen“ reduzieren.<br />
Aus der Religion schöpfen die Menschen ihre Kraft zum Widerstand gegen die herrschende<br />
Ordnung. So ist es nicht verwunderlich, daß die Messianismen die erste Form<br />
des Widerstandes gegen den Kolonialismus, gegen Unterdrückung und Beherrschung<br />
waren. In ihnen äußerte sich in den Formen eines religiösen Lebens - und insbesondere<br />
durch die Verschmelzung biblischer Einflüsse mit lokalen afrikanischen Traditionen -<br />
„der gewaltige Schrei der Unterdrückten“ 133 des kolonisierten Afrikas. Dabei kam es<br />
zu einer Wiederentdeckung und zu einer Rückeroberung des befreienden Charakters<br />
der Offenbarung, der biblischen Tradition und des biblischen Gottes durch die afrikanischen<br />
religiösen Bewegungen - den zur Geltung zu bringen, das Christentum in Afrika<br />
durch den Kolonialismus verhindert war:<br />
Die prophetischen Bewegungen erhoben sich gegen die koloniale Beherrschung<br />
<strong>auf</strong> der Basis einer Wiedergewinnung der befreienden Elemente des biblischen<br />
Christentums. Dies implizierte eine Infragestellung des Gottes der missionarischen<br />
Predigt. Die Afrikaner haben den Verdacht, daß dieser Gott „entfremdet“<br />
war in dem Maße, als er in die koloniale Ordnung integriert war. Seine Macht<br />
bedeutet für die Einheimischen nicht Befreiung, sondern ökonomische Unterdrückung,<br />
kulturelle und politische Entfremdung, Verachtung und Rassismus.<br />
Die Anklage des westlichen Imperialismus beruht <strong>auf</strong> einer Reinterpretation der<br />
Botschaft der Bibel, die ausgeht von der kolonialen Situation; sie fordert die<br />
Suche nach <strong>einem</strong> Gott-für-die-Emanzipation-der-Schwarzen, der seine Sprecher<br />
unter den Afrikanern selbst hat. Den schwarzen Propheten ging es nicht eigentlich<br />
darum, zum Gott der Ahnen zurückzukehren, sondern die Botschaft des<br />
Evangeliums im afrikanischen Kontext zu Gehör zu bringen. 134<br />
132 „Compte tenu de son influence, le pouvoir colonial ne pouvait laisser le champ du religieux à lui-même;<br />
il le contrôle et cherche à le démolir dans la mesure où, à travers les essais de réconciliation de la Bible<br />
et de la tradition ancestrale, se dissimulent des forces de libération. Au moment où le christianisme<br />
officiel s’enlise dans l’institution et se trouve domestique par le système colonial, les messianismes<br />
affirment la volonté d’autonomie et d’indépendance de l’Afrique“; a.a.O., S. 62 (African Cry, S. 47f).<br />
133 „[...] l’immense cri des opprimés“; a.a.O., S. 63 (African Cry, S. 48).<br />
134 „Or les mouvements prophétiques se dressent contre la domination coloniale à partir d’une reprise des<br />
éléments libérateurs du christianisme biblique. Ils impliquent une mise en question du Dieu de la<br />
prédication missionnaire. Les Africains soupçonnent que ce Dieu a été ,aliéné‘ dans la mesure où il a été<br />
intégré à l’ordre colonial. Sa puissance ne signifie pas libération mais oppression économique,