Das Titelbild („Der Baum“) wurde auf einem ... - Afrikanet.info
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Einleitung 29<br />
ein in die messianische Tradition, in welcher der Gerechte eine umfassende und universale<br />
Erlösung erwartet.“ 59 Diese umfaßt sowohl die Erlösung unseres Leibes als<br />
auch die Neuschöpfung des Kosmos, gesellschaftliche Befreiung wie Befreiung von<br />
den Mächten des Todes, Heilung im Sinn von Gesundheit und Heil, welches das Leben<br />
in Fülle ist.<br />
Der Bezug <strong>auf</strong> den afrikanischen Ort der Theologie: der Palaver-Baum<br />
Der Ort, an dem die théologie sous l’arbre entsteht und getrieben wird, ist „unter dem<br />
<strong>Baum“</strong>. Dieser Baum ist insbesondere der Palaver-Baum, d.h. der öffentliche Versammlungsort<br />
der jeweiligen Gemeinschaft in der traditionellen afrikanischen Gesellschaft.<br />
An diesem Ort werden gewöhnlich auch die Dorffeste gefeiert. <strong>Das</strong> Palaver<br />
selbst ist, wie Jean-Marc Ela es ausdrückt, „eine Art Entscheidungsprozeß in Konflikten“,<br />
„d.h. eine Form der Regelung der kollektiven Existenz“. 60 Aus diesem Grund ist<br />
das Palaver „der bevorzugte Ort der Mission“. 61 „Unter dem <strong>Baum“</strong>, das ist der Ort, an<br />
dem „jede Gemeinde zusammenkommt, um das Wort Gottes zu hören, wo man sich<br />
fragt, wie Leute aus dem Volk zu Denkern und Gestaltern ihrer Zukunft werden können“.<br />
62 Bei <strong>einem</strong> solchen „Evangeliums-Palaver“ 63 „entwickelt sich, von den Alltagsproblemen<br />
ausgehend, ein echtes Glaubensverständnis“. 64<br />
Insofern der Palaver-Baum - im ,übertragenen‘ Sinn - auch ganz allgemein für freie<br />
Meinungsäußerung und demokratische Entscheidungsfindung, für öffentlich ausgetragene<br />
Konflikte und eine wirkliche politische Debattierkultur steht, gibt es ihn in den<br />
meisten afrikanischen Staaten jedoch nicht mehr: Die herrschenden politischen Regimes<br />
„haben tatsächlich den Palaverbaum gefällt, aus Gründen der öffentlichen Sicherheit,<br />
so sagt man“ 65 , denn in vielen dieser Staaten existieren weder Meinungs-,<br />
noch Presse-, noch Versammlungsfreiheit - in einer „oralen Kultur“ ein kaum zu unterschätzendes<br />
Drama.<br />
Die Darstellung des Spektrums an Assoziationen, die mit den einzelnen Aspekten der<br />
Bedeutung des Begriffes théologie sous l’arbre 66 verbunden sind, beschränkte sich<br />
59<br />
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61<br />
62<br />
63<br />
64<br />
65<br />
66<br />
Ebd.<br />
A.a.O., S. 189.<br />
A.a.O., S. 23.<br />
A.a.O., S. 25.<br />
A.a.O., S. 63.<br />
A.a.O., S. 25.<br />
„Ceux-ci [les régimes en place], de fait, ont abattu l’arbre à palabres pour des raisons, dit-on, de<br />
sécurité publique“; Le Cri de l’homme Africain, S. 88 (African Cry, S. 69).<br />
Es gibt übrigens eine interessante Parallele zum Begriff der théologie sous l’arbre: den der école sous<br />
l’arbre. In den 60er Jahren <strong>wurde</strong>n in den bäuerlichen Gemeinschaften Kameruns die von der UNESCO<br />
schon in den 50er Jahren eingeleiteten Alphabetisierungskampagnen fortgesetzt. „Zuerst unter dem<br />
Namen ‚Ecole sous l’arbre‘ sollten die Bauern das Lesen und Schreiben der französischen Sprache erlernen,<br />
um dadurch an der Entwicklung aktiv teilnehmen zu können“; NAZAIRE BITOTO ABENG, Von der<br />
Freiheit zur Befreiung. Die Kirchen- und Kolonialgeschichte Kameruns (Europäische Hochschulschriften,<br />
Reihe 23, Theologie; Bd. 364), Frankfurt am Main (Lang), 1989 (zugl.: Diss. Münster/Westfalen,<br />
1983) [zitiert als: ders., Von der Freiheit zur Befreiung], S. 198.